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Wertsichernde Geldordnung

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Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil setzt sich die ausreichende Sachkenntnis immer mehr als „sechstes Prinzip" der katholischen Soziallehre (FURCHE 19/1991) durch. Einen in dieser Richtung vorbildlichen Schritt hat die Deutsche Bischofskonferenz gesetzt: Ihre Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik" hat kürzlich unter dem Titel „Gutes Geld für alle" „sozialethische Überlegungen zurGeldwert-stabilität", vorgelegt von Franz Fur-ger und Joachim Wiemeyer*) herausgebracht, die weite Aufmerksamkeit verdient.

Der Anlaß dazu war, daß Fragen derGeldwertstabilität in jüngster Zeit auf vielen Ebenen erhebliche Bedeutung erhalten haben. Dies gilt für manche hochverschuldete Entwicklungsländer ebenso wie für Reformstaaten in Mittel- und Osteuropa. Der deutsch-deutsche Einigungsprozeß wurde durch eine Währungsunion eingeleitet, die einige Befürchtungen für die Stabilität der DM hervorrief. Aber auch der Einigungsprozeß der Europäischen Gemeinschaft soll in eine Währungsunion münden, was die Bedeutung der Sicherung eines stabilen Geldwertes noch deutlicher hervortreten läßt. Aufgrund dieser aktuellen Herausforderungen sollen diese Überlegungen dazu dienen, das Ziel der Sicherung eines stabilen Geldwertes sozialethisch zu begründen und institutionelle Vorschläge zu entwickeln, um durch ordnungspolitische Maßnahmen langfristig eine weitgehende Erreichung des Ziels zu gewährleisten.

Tatsächlich wird gerade von sozial sehr engagierten Christen gerade auch in Österreich die sozialethische Schlüsselfunktion einer wertsichem-' den Geldordnung häufig übersehen und allem, was mit dem Geld und seiner Verzinsung zu tun hat, immer noch hartnäckig und neuerdings sogar wieder verstärkt mit Mißtrauen begegnet.

Diese Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz verlangt für die Garantie einer solchen Geldordnung nicht nur für die europäischen Zentralbanken die drei Grundsätze, die im Bundesbankgesetz sowie im öster -reichischen Nationalbankgesetz verankert sind: Den Schutz der Geldwertstabilität als ihr oberstes Ziel, die Unabhängigkeit von jeden politischen Weisungen und das Verbot der Finanzierung öffentlicher Haushalte.

In vielfacher Hinsicht revolutionär - wenn auch auf der heute immer stärker sichtbar werdenden Linie des Internationalen Währungsfonds (IWF) liegend - ist der Vorschlag, einer gesunden Währungsordnung in den Entwicklungsländern Vorrang zu geben: Aus der Sicht der christlichen Sozialethik haben die Rechte und Interessen der einzelnen Menschen, vor allem der Armen, Vorrang selbst vor dem Prinzip der nationalen Souveränität. Diese werde nur unter Beachtung der Menschenrechte legitim ausgeübt. Daher wäre es zulässig, wenn internationale Organisationen wie der I WFdie Gewährung von zinsverbilligten Krediten stärker von ordnungspolitischen Korrekturen abhängig machen würden. Solche Maßnahmen wären zur Voraussetzung für zinsverbilligte Kredite des IWF (im Rahmen seiner „Konditionalität") zu machen. Im Zusammenwirken mit dem GATT müsse der IWF auch darauf hinwirken, daß ein freier Außenhandel wie ein freier Kapitalverkehr gestärkt werden, da protektionistische Maßnahmen häufig mit Zahlungsbilanzdefiziten begründet werden.

Die Sachverständigengruppe ist mit 13 hochrangigen und international angesehenen Fachleuten besetzt wie zum Beispiel Hans Karl Schneider (Köln), dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Norbert Kloten (Tübingen), dem Präsidenten der Landeszentralbank Baden-Württemberg und den Ökonomen und Ordnungstheoretikern Alfred Schüller (Marburg) und Karl Homann (Eichstätt in Ingolstadt), dem Vorsitzenden des Ausschusses „Wirtschaftswissenschaft und Ethik" des Vereins; für Sozialpolitik.

*) Diese Studie ist zu beziehen bei der Zentralstelle Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Kaiserstraße 163, 5300 Bonn 1, Tel. 060228/103-288.

Der Autor ist Präsidaflt a. D. der Oesterreichischen Nationalbank und Mitherausgeber der FURCHE.

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