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Gleichgewicht oder Wachstum

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Die „Gruppe Ökologie“ — eine im Vorjahr unter dem Vorsitz des Verhaltensforschers Prof. Lorenz gegründete Umweltschutz-Lobby, der zahlreiche namhafte Wissenschaftler und Publizisten angehören — hat in München angesichts der kritischer werdenden Welternährungslage die deutsche Bundesregierung zu konkreten Maßnahmen aufgerufen. Gefordert wird unter anderem die Aufstellung einer Eiweißbilanz für die Bundesrepublik, um auf diese Weise den Mindesteinfuhrbedarf und damit . den Grad der Beanspruchung der Fischbestände der Weltmeere errechnen zu können. Als Mitglied der Vereinten Nationen solle die Bundesrepublik außerdem eine gleiche Eiweißbilanz für die ganze Erde und die Ermittlung der Belastbarkeit der Meeresfauna beantragen. In der Folge müßten dann die oberen Grenzen der Beanspruchung der Weltfischbestände festgelegt werden. Außerdem verlangt die „Gruppe Ökologie“ von der Bundesregierung, sie solle die Propaganda gegen die Schutzmaßnahmen Islands in seinen Gewässern wie auch die Subventionierung der Hochseefischerei aus öffentlichen Mitteln einstellen und die so eingesparten Mittel für Schutz und Pflege der Fischbestände verwenden. In den Vereinten Nationen müsse zum gleichen Zwecke eine wirksame Konvention zur Bewirtschaftung der Weltmeere eingesetzt werden. Die Weltagrarkrise zeige — so begründen die Umweltschützer ihre Aktion —, daß die Politik der Schrumpfung der Landwirtschaft und der Industrialisierung ländlicher Räume um jeden Preis ebensowenig wie der einseitig ökonomische Landbau nach dem Muster der USA geeignet seien.

die Bereitstellung ausreichender Nahrungsenergien zu sichern. Die Bundesregierung müsse sich deshalb verstärkt für wirksame Maßnahmen zur Hemmung des Bevölkerungswachstums in der Welt einsetzen und bei der bevorstehenden Reform der Agrarpolitik Maßnahmen einführen, die geeignet seien, über den Produktenpreis den Landwirten alle Betriebsmethoden zu honorieren, die zum sparsamen Einsatz knapper Rohstoffe und zur ökologisch schonenden Produktion führen. Dies gelte insbesondere für die Grünlandwirtschaft und die Rindviehhaltung in den Küsten- und Gebirgslandschaften Europas. Dieser Produktionszweig — so wurde betont — sei besonders umweltfreundlich, ökologisch schonend und trage ohne Raubbau und Störung des ökologischen Gleichgewichtes in anderen Erdteilen dazu bed, die natürlichen Rohstoff- und Eiwedßreserven zu erschließen.

Prof. Grzimek nannte es eine Utopie, zu glauben, daß man die Menschheit aus dem Meer ernähren könne. Nur eine weltweite Geburtenbeschränkung sowie eine Drosselung der Industrie und der industrialisierten Landwirtschaft könnten seiner Ansicht nach die gefährliche Verknappung aufhalten. Wein-zierl verwies auf die internationale Verflechtung der ökologischen und biologischen Zusammenhänge. Ein Ausweg aus der ökologischen Krise sei nur zu finden, wenn man sich von der Wachstumsgesellschaft abkehre und einer „Gleichgewichtsgesellschaft“ zuwende.

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