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Immigranten sind „gut für Amerika"

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Während europäische Länder ihre Grenzen aus Angst vor zu vielen Ausländern dicht machen, öffnet Amerika - wenn auch ganz gezielt - seine Tore. Vergangenen Donnerstag unterzeichnete US-Präsident George Bush eine Verordnung, wonach 142.000 Flüchtlinge für das kommende Jahr aufgenommen werden sollen, rund 11.000 mehr als im vergangenen Jahr. Diese Verordnung sei „gut für Familien, gut für die Wirtschaft und gut für Amerika", erklärte der amerikanische Präsident.

Der „Schmelztiegel" Amerika funktioniert also noch. Noch glaubt die amerikanische Gesellschaft nicht, daß sie in zu viele Fragmentierungen, Rassenkonflikte und Gruppeninteressen zerfällt.

Die Politik der offenen Tür stößt aber trotzdem nicht überall auf Verständnis. Die Angst vor Überfremdung beherrscht vor allem verarmte Schwarze in den Ghettos, die um ihre Arbeitsplätze und Schecks vom Sozialamt fürchten.

Zuversichtlicher geben sicn dagegen die Ökonomen. Sie vertreten die Meinung, daß eine verstärkte Immigration langfristig die Arbeitslosigkeit nicht erhöht. Zahlreiche Untersuchungen bestätigen die einfache Formel: Immigranten übernehmen keine Arbeitsplätze, sondern schaffen als neue Konsumenten auch neue Jobs. Einwanderer gelten in der Regel als tatkräftiger und haben mehr Unternehmergeist, aus Not übernehmen sie Jobs, die kein anderer haben will.

Anders als in Österreich und Deutschland können in den USA im angelaufenen Wahljahr keine Wählerstimmen mit ausländerfeindlichen Parolen gewonnen werden, wie auch die Hamburger „Die Zeit" schreibt. Zu sehr erkennt sich noch ein Großteil der Amerikaner im Schicksal der Neuankömmlinge wieder. Die USA bestätigen mit ihrer liberalen Einwanderungspolitik, daß sie eine gezielte Investition für die Zukunft ihres Landes betreiben.

Elfi Thiemer

Inszenierungen einer „Hinrichtung"

„Wie wirklich ist die Wirklichkeit?" fragt der Psychologe Paul Watzlawick. Wirklich ist nicht die Wirklichkeit, sagt er. Sie ist das, was man für sich und andere inszeniert. „Wir amüsieren uns zu Tode" heißt ein ebenso berühmtes Buch des Medienforschers Neil Postmän. Femsehen als große Amüsieranstalt.

Ein einziger Fernsehabend bestätigte die beiden Autoren voll. FS 2 und der deutsche SAT 1 boten zuletzt zwei Beispiele, wie eine Selbstinszenierung ablaufen kann. Wie sie zur erschreckenden Peinlichkeit, aber auch zur ernüchternden Bloßstellung werden kann.

Beispiel ORF, „Ein Fall für den Volksanwalt": Der Konflikt zwischen Volksanwalt Herbert Kohlmaier und Präsentator Hans Paul Strobl über die Gestaltung der Sendung endete nicht mit dem angekündigten „Schwamm drüber", sondern einem süffisanten Strobl-Monolog und einem zornigen Kohl-maier-Abgang. Der eine spielte mit brutalen Verbal-Attacken den selbstlosen Rächer, der andere mit Leidensmiene die beleidigte Leberwurst. „Hinrichtung" eines Politikers. Live.

Beispiel SAT 1, „Talk im Turm": Da saßen neben Ralph Giordano, deutschjüdischer Schriftsteller, zwei Politologen sowie PDS-Vorsitzender Gregor Gysi. Und Jörg Haider, den man bei uns nicht vorzustellen braucht.

Die Diskussion verlief anders. Dem erfolgsverwöhnten FPÖ-Obmann wurde dort seine Selbstinszenierung, wie er sie bei uns gewohnt ist, gründlich vermasselt. Nicht nur, weil Giordano „sich genierte, mit Haider in einer Runde zu sitzen". Der Jörg wurde ordentlich ins rechte Eck' gestellt. Unsicher und verlegen sah man ihn, was ihm bei uns noch nicht passieren konnte.

Mit primitiv-radikalen Parolen punktet Jörg Haider nicht nur am Biertisch. Er kann auch Journalisten und Moderatoren aus der Fassung zu bringen. Ob „Inlandsreport" oder „Pressestunde" - selten ist es gelungen, mehr zu sein als Haiders Stichwortgeber. Und Zuhörer. Denn der Jörg weiß oft mehr als seine Gesprächspartner. Beziehungsweise tut er so. Konstruiert damit eine Wirklichkeit über sich, seine Kenntnisse über Wählersorgen und Ausländerproblematik im In- und Ausland, die nicht den Tatsachen entspricht. Die aber durch sachliche Gegenargumente schnell zerbröselt. Das war in der SAT 1 -Sendung zu sehen.

Haider wurde - und das mit Sehergenuß - ebenfalls „niedergemacht". Aber nicht mit einem Stroblschen Schlag unter die.Gürtellinie um des Gags und der Selbstinszenierung willen, sondern mit klugen Argumenten.

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