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Kommen die,Juvops“ ?

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„Wohl wird von einer besseren Zukunft, nicht aber von notwendigen Veränderungen der derzeitigen Gesellschaft gesprochen. Es scheint so, daß Ziele nur von jener Generation angegeben werden dürfen, die bereits an vielen Zielen gescheitert ist“ — nicht etwa von einem der zaghaften österreichischen Jusos stammt dieses Beispiel von angewandtem Zynismus, sondern von Dr. Wülfing Rajakovics, Vorsitzender des Arbeitskreises Grundsatzprogramm in der Jungen ÖVP-Steiermark. Er ist kein Einzelgänger mehr. Es mehren ich die. „Juvops“ -Stimmen, die einen deutlicheren To gegenüber der Diktatur des Sumper-tums in der Volkspartei anschlagen.

Die parteioffiziell Grundsatzpro-grammdiskussion genannte Selbst-reflexionsübung, die dazu dienen könnte, die Ist- und Sollwerte der nun — bar jeder formalen Machtmittel — in eine Identitätskrise gestürzten ÖVP zu ermitteln, hat gerade beim

Grazer Mitarbeiterkongreß streckenweise bewiesen, daß man in der derzeitigen Basisfunktionärsschicht noch immer eifrig bemüht ist, den Beweis dafür zu liefern, daß wirklich alle Intelligenz links angesiedelt ist.

Wie aber dieses neue Parteiselbst-verständnis aussehen könnte, demonstrieren bereits etliche „Juvops“, die einerseits in der eigenen Partei einen neuen Weg einschlagen, aber anderseits auch eines billigen Vorwurfs des „Linksüberholertums“ nicht teilhaftig werden können. So bemüht sich etwa Bundesrat Walter Heinzirtger, vor wenigen Wochen aus „Altersgründen“ zurückgetretener 34jähriger Chef der ÖJB-Steier-mark, mit viel auch für VP-Funkt'o-näre verständlichem Symbolismus um einen auch „Fortschritt“ implizierenden Konservatismusbegriff: „Ein Baum, der tiefe Wurzeln schlägt, vermag einen hohen Stamm aufzurichten, der — auch freistehend

— vielen Stürmen trotzt. Als konservative Partei haben wir dieses Wurzelsystem. Wieso zagen wir, was das Wachsen unseres Stammes betrifft? Macht uns das Risiko der Freiheit ängstlich?“ Heinzinger wollte auf dem steirischen ÖJB-Landestag, der unter dem Motto „Verändern, um zu verbessern“ stand, aber auch „sagen und bitten: sucht Leute, die den Mut haben, ungewöhnlich zu denken. Scheut euch nicht vor den Unbequemen“. Und dies, obwohl er „schon sehr gut (weiß), daß es manchmal einer Kamikaze-Gesinnung bedarf, um die ..geordneten Verhältnisse' innerhalb der Volkspartei zu verändern“.

Noch mehr ins Detail geht der 24jährige Josef Höchtl, der vermutlich im Herbst zum neuen ÖJB-Bun-desobmann gewählt wird.

Der junge Hochschulassistent sorgt weiter dafür, daß die von der Parteispitze global gerufene Partnerschaft nicht zu Bestätigung bisheriger Denknormen mißbraucht werden kann, wenn er meint, daß „die Mitbestimmung der Arbeitnehmer insbesondere ein Ausfluß der partnerschaftlichen Gesellschaft ist, was eine gelebte Form der Demokratie darstellt“. Höchtl greift aber auch das für viele VP-Funktionäre erschreckende Reizwort „Chancengleichheit“ auf. Für ihn gewährlei-

Photo? Archiv stet „die partnerschaftliche Gesellschaft durch die Vielzahl der angebotenen Rollen die Berücksichtigung der Einzelpersönlichkeit. Indem sie die Möglichkeit der Ergreifung der individuellen Begabung entsprechender Rollen schafft, verwirklicht sie die Gleichheit der Chancen.“

Und ganz im Süden — in Kärnten — wo es freilich auch „Juvops“ gibt, die sich als Fünfunddreißigjährige noch um Funktionen in ÖJB-Spitzengremien balgen, hat die „neue Mitte“ im 26jährigen Landesobmann Hannes Moik das Aushängeschild ihrer Dependance. Moik, dem die Partei im Sommer das vor zwei Jahren versprochene Landtagsmandat geben müßte, geht von der Tatsache aus, daß ,der Mensch ein soziales Wesen ist“ und will von dieser Warte aus „die daraus erwachsenden Konflikte so austragen, daß das Ergebnis der Gesellschaftsstruktur entspricht, wobei die Summe der Individuen das Primat darzustellen hat“.

Woran es allen „Juvops“ aber je--doch bisher mangelt, ist einerseits die Radikalität im Vorgehen, die offenbar notwendig ist, wenn auf der unteren Seite des Parteisiebs noch etwas herauskommen soll, anderseits die gemeinsame Artikulations-basis, die ebenfalls kommen müßte, wenn man sich nicht weiterhin mit der Rolle vereinzelter Rufer in der Wüste begnügen will.

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