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Manager: Die Leitenden als leidende Kämpfer?

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Seit sie die „Buh-Männer” der Politiker geworden sind, steigt das Interesse an den Managern. Wie sie sich selbst sehen, zeigt eine Studie des Instituts für Motivforschung.

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Seit sie die „Buh-Männer” der Politiker geworden sind, steigt das Interesse an den Managern. Wie sie sich selbst sehen, zeigt eine Studie des Instituts für Motivforschung.

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Definiert man eine Standesvertretung als den Zusammenschluß von Personen, die über ihre gemeinsame Berufsrolle Gruppenbewußtsein entwickeln und dies zur Wahrung und Durchsetzung ihrer gruppenspezifischen Interessen einsetzen, so zeigt sich für die Gruppe der Manager eine auffallende Schwierigkeit, ein ausgeprägtes Gruppenbewußtsein zu entwickeln. Jedenfalls ist dies deutlich geringer als etwa bei Standesvertretungen von Ärzten oder Rechtsanwälten.

Dies wird von Führungskräften selbst als auffällig betrachtet und eigentlich auch als merkwürdig in einer Zeit, in der sehr viel von den Einflüssen sozialer Gruppen abhängt.

Tatsächlich ist die Rolle des Managers eine sehr junge Berufsrolle, die auch Personen von sehr heterogener Ausbildung und verschiedenem sozialen Status umfaßt. Es gibt aber auch eine Reihe tieferliegender Schwierigkeiten, die grundsätzliche Werthaltungen betreffen. Diese laufen den üblichen Werthaltungen, die ein Gruppenbewußtsein konstituieren, fast zuwider wie

• Aufrichtung eines Feindbildes und Etablierung eines „Wir-Ge-fühles” und

• Festlegung dieses Feindbildes durch eine griffig umrissene Ideologie, die auch verbal einfach gefaßt werden kann.

Sieht man einmal von individuellen und situationsbedingten Unterschieden ab, so sind Manager innerbetrieblich selten auf eine kämpferische Mentalität hin angelegt. Sie entwickeln kaum wirkliche Feindbilder. Kompromißbereitschaft, Gruppenausgleich und das eher rationale Abwägen verschiedener Alternativen, das sie in ihrem beruflichen Handeln bestimmt, wird auch in ihre sozialen Durchsetzungsstra-tegien übertragen.

Ihre Ideologien und Werthaltungen sind ferner eher kompliziert und kaum in einfache Etikettierungen übersetzbar. Obwohl sie durchaus in Vernetzungen und Gruppenbezügen innerbetrieblich denken, ist ihr persönliches Leitbüd den anderen Managern gegenüber noch oft das eines Einzelkämpfers („Kampf Mann gegen Mann”). Die Idee der starken, durchsetzungsfähigen Einzelper-sönlichkeit übt auf sie eine große Faszination aus.

Ihre soziale und berufliche Rolle sehen sie kompliziert und kon-flikthaltig, dabei aber als außerordentlich wichtig für den Bestand unseres sozialen Systems. Sie sind sich bewußt, daß ihre Motivationen, Werthaltungen, Zielvorstellungen in hohem Maß die Entwicklung dieses Systems mitbestimmen.

Die Kompliziertheit und Kon-flikthaltigkeit der Berufsrolle wird in drei Ebenen angesiedelt:

• Die persönliche Belastung wird als sehr hoch erlebt. Erfolge und Mißerfolge werden unmittelbar als persönliche Bewährung oder als Scheitern definiert, als Urteil über den Wert als Person. („Beruf als Schicksal” im Sinne von Max Weber).

Diese Belastung wird immer größer, aber auch immer schwieriger zu legitimieren. Heute wird ein Manager, der keinem privaten Engagement nachgehen kann, schlecht beurteilt. Man meint dann, er könne nicht gut genug delegieren.

• Das berufliche Risiko gilt als hoch: Unternehmer tendieren dazu, das Prinzip „hire and fire” („anstellen und feuern”) im Sinne eines sehr kurzfristigen Effizienzdenkens zu praktizieren. Sie gewähren oft Managern weniger Schutz als anderen sozialen Gruppen im Unternehmen. Schwierigkeiten, in höheren Altersgruppen eine angemessene Position zu bekommen, sind deutlich gegeben.

# Am lebhaftesten gefühlt wird jedoch die Schwierigkeit, zwischen den verschiedenen gegenwärtigen Werthaltungen eine angemessene Position zu finden.

Ihre berufliche Rolle bedingt die Durchsetzung von Werten wie Effizienz, Optimierung eines Bereiches, Entwicklung in immer positivere Zustände durch kalkuliertes Risiko, Langzeitdenken, großräumiges Denken, rationale Planung, strategischen Einsatz aller ihrer zur Verfügung stehenden Möglichkeiten — Werte also, die seit der Aufklärung unser Denken bestimmen.

Macht über Menschen

Gerade diejenigen unter ihnen, die sich bewußt mit Zeitströmungen auseinandersetzen, wehren sich nun vehement gegen den Vorwurf, Effizienz unter Mißachtung aller anderen gesellschaftspolitischen Werte durchzusetzen, alles Machbare auch zu machen.

Manager weisen darauf hin, daß sie ihr berufliches Handeln wohl von ideologischen und parteipolitischen Erwägungen trennen möchten, nicht jedoch von Wertvorstellungen überhaupt.

Sie schätzen ihren Beitrag zur Lösung gesellschaftspolitischer Fragen als hoch ein, da sie glauben, viele der anstehenden Fragen nicht durch Emotionalisierung und nicht über ideologische Programme, sondern über rationale Entscheidungen lösen zu können. Ebenso durch Langzeitplanung und großräumiges Denken — eben dies, was sie als Konstituenten ihres beruflichen Handelns betrachten.

Die Motive, die zum Ergreifen des Berufes führen, sind der hohe finanzielle und soziale Status, die Möglichkeit der strategischen Planung und Verfügung über Menschen und Objekte. Es ist aber auch die Freude, die aus der Effizienz an sich, aus perfekt organisierten Abläufen gezogen wird. Und es ist nicht selten auch eine sehr emotionale Identifizierung mit der Idee des prosperierenden Unternehmens. Beklagt wird, daß die Gesellschaft zwar dem Manager materielle Anerkennung bietet, aber nicht die Bedeutung seiner Tätigkeit erkennt, wenig um seine Funktion weiß und daher eher dazu neigt, ihn zu attackieren.

Die Autorin leitet das Institut für Motivforschung. Sie führte diese Studie im Auftrag des Wirtschaftsforums für Führungskräfte im Oktober 1984 durch. Befragt wurden 100 österreichische Manager der oberen und mittleren Ebene.

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