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Mehr Engagement in der Außenpolitik

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Mehr oder weniger farblose Debattenbeiträge, ein unbeeindruckender und unbeeindruckter Minister allein auf der langen Regierungsbank, urlaubsreife Abgeordnete im halbvollen Plenarsaal, scheinbar gelangweilte Zuhörer auf der Galerie - im Parlament wurde über die österreichische Außenpolitik diskutiert. Traurig, aber wahr: Außenpolitik scheint für die österreichischen Parlamentarier eine unangenehme Pflichtübung zu sein. Diesen Eindruck wird man selbst dann nicht los, wenn man sich die wenigen fähigen „Außenpolitiker“ der Parteien im Parlament in Erinnerung ruft. Ein Cernetz, ein Karasek - schreibt die „Presse“ - finden selbst in den eigenen Reihen geringes Echo.

Sind die österreichischen Volksvertreter zu scheu oder zu eingleisig auf die Innenpolitik konzentriert, daß sie nur wenige, verschämte Blicke über die Grenzen werfen? Oder glauben sie, daß die Außenpolitik bei Minister Willibald Pahr in so guten Händen ist, daß man sich nicht darum kümmern muß? Genügt das gute Ansehen der „Alpenrepublik“ in der Welt, um internationale Beziehungen ohne Engagement zu pflegen.

Vor der Eingleisigkeit ist nur zu warnen, das dürfte den Abgeordneten selbst gut genug bekannt sein. Zu sehr sind wir mit unseren unmittelbaren Nachbarn historisch, jetzt vor allem auch wirtschaftlich verstrickt. Nur, ich kann mich nicht daran erinnern, daß über die Beziehungen zur Schweiz, zur Bundesrepublik, zu Ungarn in der Parlamentsdebatte ein Wort gefallen wäre. „Eh alles bestens“, dürften sich die Herren im Parlament gedacht haben. Also ausschließlich Positives von diesen Nachbarn und deshalb gleich gar nicht erwähnenswert. Die CSSR wurde im Zusammenhang mit den Sudetendeutschen, Jugoslawien mit der Slowenenfrage, Italien mit dem Südtirolproblem und dem Eurokommunismus zitiert. Nur Negatives von diesen Nachbarn also.

Waruni aber auch - FPÖ-Chef Peter hat Pahr diesen Vorwurf gemacht - das Ungleichgewicht in der Besuchsdiplomatie? Warum werden irgendwelche Präsidenten aus weltpolitisch zur Bedeutungslosigkeit verurteilten Staaten gegenüber Politikern aus westeuropäischen Ländern bevorzugt? Wem nützt das, bitte?

Daß bei Pahr nicht alles in guten Händen ist, hat der Außenminister ja selbst in seiner relativ kurzen Amtszeit zur Genüge bewiesen. Sei es nun bei seinen diplomatischen Ausrutschern in der Schweiz, in Spanien oder in Italien, ganz zu schweigen von seiner

Südtiroläußerung im Parlament. Karasek bezeichnete diese Fehltritte als „Symptome großer Redseligkeit“, zuvor hat schon ÖVP-Chef Taus den Außenminister aufgefordert, „nicht soviel zu reden“. Insofern ist Friedrich Peter zuzustimmen, der vorschlug, die Außenpolitik nicht allein dem Minister zu überlassen, sondern den Nationalrat dazu stärker zu motivieren. Für Taus ist Pahr ein Elefant im Porzellanladen, für Cernetz nur ein kleiner, sanfter Elefant, recht hat aber auf jeden Fall Alois Mock: „Wir können weder große noch kleine Elefanten in der Außenpolitik gebrauchen.“

Anzweifelbar ist auch das „gute Ansehen Österreichs in der übrigen Welt“, zu dem Bundeskanzler Kreisky wesentlich beigetragen haben soll. Geschätzt wird das kleine neutrale Österreich von allen Seiten. Ein Zeichen dafür, daß man zwischen den machtpolitischen Blöcken überall hin brav die Hände ausstreckt (was soll man anders tun?), daß man für diesen politischen Stil aber eher belächelt denn als Partner geschätzt wird. Außerdem hat Kreisky mit seinen außenpolitischen Alleingängen (als Vertreter Österreichs oder der Internationale? fragte Ermacora) nicht unwesentlich zur jetzigen Dissonanz in der österreichischen Außenpolitik (Peter) beigetragen.

Sicherlich, so viel Porzellan hat selbst Pahr noch nicht zerschlagen, daß an die Außenpolitik nicht von neuem mit verstärktem Engagement herangegangen werden könnte. Sonst hätten wohl nicht alle drei im Parlament vertretenen Parteien den außenpolitischen Bericht Pahrs einstimmig angenommen. Doch es ist Zeit, daß sich die Parteien stärker in diesen Fragen engagieren, sonst bleibt keine Zeit zum Aufräumen der Scherben mehr.

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