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Digital In Arbeit

Mitdenken in der Medienszene

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Das schreckenerregende Bild eines King-Kong des Medienmarktes, gemeint war die katholische Presse in Österreich, hat „TOP“ - Information aus Politik und Wirtschaft - im Februar 1977 an die Wand gemalt. Dieses Bild war stark über- und verzeichnet und wohl auch seither in Kommentaren und Glossen zurecht gerückt. Ein Bild aber auch, das manchen von den Betroffenen nachdenklich gemacht hat, ob es denn gar so verfehlt wäre, wenigstens partiell das anzustreben, was einem angedichtet wird - die gemeinsame Stoßrichtung auszunützen. So haben sich die überwiegende Zahl der katholischen Pressvereine und Verlage gemeinsam mit einigen wichtigen katholischen Organisationen und dem Zentrum für Massenkommunikation entschlossen, ein gemeinsames Werk auf dem

Sektor der elektronischen Medien einzurichten, das die im vergangenen Jahrhundert noch getrennt geführten Bestrebungen auf dem Drucksektor in diesem neu zu erschließenden Bereich weiterführt. Ein zartes Pflänzchen wurde mit dem Verein zur Förderung christlicher Medienarbeit in die Medienlandschaft eingepflanzt, von dem wohl noch nicht abzusehen ist, ob es einmal „ein mächtiger Baum wird, in dem die Vögel des Himmels nisten.“ Ein Pflänzchen aber, das mehr sein will, als kirchliche Alibihandlung in einem zur Zeit wohl noch unüberschaubaren Markt neuer elektronischer Entwicklungen.

Drei Wurzeln sind für dieses Engagement festzustellen. Zum ersten kann über die nun schon seit längerem währende Debatte über Programmqualität und Programmtendenzen im gesellschaftspolitischen Bereich des derzeitigen Monopolrundfunks ORF nicht hinweggesehen werden. Zunehmende Unzufriedenheit mit verschiedenen Entwicklungen und der Ruf nach Einfluß, zumindest aber nach mehr Durchschaubarkeit und Reaktionsmöglichkeit stellen eine der Wurzeln dar. Die zweite Wurzel ist wohl die rapide Entwicklung auf dem Sektor neuer elektronischer Ubermittlungsformen. Als derzeit meistdiskutiertes Stichwort sei hier nur das Kabelfernsehen genannt, das in seiner gegenwärtigen Phase und rechtlichen Ausnüt-zungsmöglichkeit wohl nur die Übermittlung ausländischer Fernsehprogramme ermöglicht, von der technischen Seite aber durchaus auf eine Vielzahl von Programmen, auch im Inland produzierter, angelegt ist. Schließlich hat, was bei den Gründungsüberlegungen für den Verein zur Förderimg christlicher Medienarbeit noch gar nicht abzusehen war, das letzte Quartal des vergangenen Jahres geradezu einen Boom im Verkauf von Video-Kas-settenrekordern mit sich gebracht

(inspiriert wohl durch die Einführung der Luxussteuer mit Beginn dieses Jahres). Gerätebesitzer brauchen aber auch Programmangebote.

So entsprechen diesen drei Wurzeln drei Stoßrichtungen in den Intentionen des Vereins. • An der Spitze steht wohl die Förderung des Medienbewußtseins in der österreichischen Bevölkerung. Medien sind nicht mehr die unheimliche Macht, denen der einzelne schutzlos ausgeliefert ist, sie werden gemacht, und dieses Machen kann transparent dargestellt werden, der einzelne Bürger muß nur lernen, mit den Medien umzugehen. Es wird das Ziel des Vereins sein, möglichst viele fördernde Mitglieder für diesen Verein zu gewinnen, die sich in Medienfragen besser informieren wollen und die ihrerseits mit dazu beitragen, daß

mehr Information und Handreichungen für den Umgang mit Medien an größere Bevölkerungskreise gelangen.

• Die zweite Stoßrichtung wird es sein, Programmangebote zu erstellen, aus dem internationalen Angebot zusammenzustellen und zu vermitteln, die je nach dem, wer die neuen Einrichtungen des Kabelfernsehens betreiben wird, ein qualifiziertes Angebot von christlicher Seite darstellen. Es kann nicht gleichgültig sein, welche Programmangebote durch die an sich neutralen technischen Kanäle zum Konsumenten fließen.

• Schließlich wird das dritte Ziel mit dem zweiten eng zusammen hängen, gilt es doch, auch individuelle Programmangebote zu erstellen und zu vertreiben, die dem einzelnen Konsumenten zur Verfügung stehen und die, um es etwas plastischer zu machen, wohl nach ähnlichen Gesichtspunkten wie die Pi;ogrammauswahl von Buchgemeinschaften oder Lesezirkeln zu erstellen sein werden.

Drei Säulen bilden den Verein: Organisationen (sie sollen eine möglichst große Zahl von Bürgern zu bewußtem Mitdenken in der Medienszene führen), die Zentren für Massenkommunikation und vergleichbare Einrichtungen als offiziell beauftragte Arbeitsstellen der Kirche sowie Verlage, die über das Fachwissen im Medienbereich, Vertriebsmöglichkeiten und Produktionskapital verfügen.

In der ersten Stufe der Tätigkeit des Vereins ab kommenden Herbst wird es wohl in erster Linie darum gehen, Information über den Verein zu üefern und erste Werbewege zu gehen. Die Medienlandschaft ist kein Naturereignis und kein in Ergebenheit hinzunehmendes Schicksal. Sie unterliegt dem Auftrag zur Gestaltung wie jeder andere Bereich unseres gesellschaftlichen und-politischen Lebens.

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