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(hg)-ln Europa existiert eine Überzahl an Anbietern. 10.000 Banken mit 2,5 Millionen Angestellten und 170.000 Bankstellen sind registriert. Das größte europäische Institut hat dabei nur einen Marktanteil von zwei Prozent. Es wird daher zu Konzentrationsbewegungen kommen müssen, sowohl auf regionaler Ebene sowie auch - sofern ein europäisches Gemeinschaftsrecht zustandekommt - auf internationaler Ebene. Daneben bieten sich strategische Allianzen etwa für den Vertrieb einzelner Produkte an. Desgleichen wird europaweit wohl das Bankstellennetz zu reduzieren sein.

Eine weitere Tendenz der achtziger Jahre, die sich fortsetzen wird, ist diejenige hin zur Universalbank. Diese Konstruktion zeigt sich hinsichtlich der Ausgewogenheit von Risiken und Chancen und der Ausschöpfung von Synergien überlegen. Das heißt, daß die Institute in ihren wesentlichen Organisationsprinzipien übereinstimmen werden, innerhalb derselben aber doch auch ihr eigenes Profil entwickeln müssen. Die Schwerpunkte der Angebotspalette und die einzelnen Strategien werden durchaus eine eigene Note tragen müssen.

Die europäische Bankenlandschaft der Zukunft dürfte daher etwa folgendes Aussehen haben: In den Zentren werden einige sehr große Universalbanken situiert sein, um die sich eine größere Anzahl von Regionalbanken gruppieren, die im Prinzip zwar gleichfalls universell agieren, aber doch auch Schwerpunkte in ihrer Tätigkeit setzen und sich in gewissem Umfang auf bestimmte Finanzdienstleistungen spezialisieren können. Daneben agiert eine Vielzahl lokaler Institute ohne sonderlich anspruchsvolles Leistungsangebot.

Ergänzt wird dieses Szenario durch Spezialbanken (zum Beispiel für Industriefinanzierung, Wohnbaufinanzierung und anderes).

In diesem Zusammenhang wird oft die Frage gestellt, ob im Binnenmarkt die Position Londons als Finanzzentrum der Gemeinschaft gestärkt wird, oder ob etwa Paris, Frankfurt, Mailand und Brüssel die Überlegenheit der Londoner City gefährden könnten. Diese Frae wird im allgemeinen verneint: Die Liberalisierung wird eher die Länder und&eglbnen fördern, die bereits über große und gut entwickelte Finanzzentren verfügen, weil verstärkt Geschäftstätigkeiten aus den kleineren Mitgliedsländern angezogen werden und die beherrschende Stellung des großen Zentrums dadurch gefestigt wird. Es wird für unwahrscheinlich gehalten, daß andere Länder Politiken entwickeln könnten, die Londons Position bedrohen würden.

Weniger einheitlich ist die Auffassung darüber, ob es im Gefolge des Binnenmarktes zu einer starken Zunahme grenzüberschreitender Einlage- und Zahlungstätigkeiten kommen wird. Im bejahenden Fall wird in manchen Untersuchungen auf große Probleme und hohe Risiken hingewiesen, wenn eine größere Anzahl von Zahlungsverkehrsnetzen nebeneinander existieren sollten. Andere Autoren glauben nicht, daß es zu einer verbreiteten Umschichtung von Einlagen kommen wird. Der Großteil solcher Einlagen ergäbe sich aus dem Zwischenbankver-kehr, der aber auch jetzt bereits zu beobachten sei. Für Einlagen des Publikums gelte aber, daß diese kaum auf kleinere Zinsdifferenzen, sondern vielmehr auf Steuervorteile oder die Handhabung des Bankgeheimnisses in den einzelnen Ländern reagieren -Unterschiede, die im Zuge von Harmonisierungen aber eingeebnet werden sollten.

Insgesamt dürfte die internationale Bankenlandschaft im nächsten Jahrzehnt von starken strukturellen Veränderungen, aber weniger von Wachstum geprägt sein. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine jüngste OECD-Studie zu dieser Thematik.

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