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Statt Waffen — rote Ideen

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Eine Entwicklung, für die man sich westlicherseits eher zu wenig interessiert, die man sowjetischerseits jedoch als zunehmend bedrohlich empfindet, ist jetzt der wachsende chinesische Einfluß im Nahen Osten.

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Eine Entwicklung, für die man sich westlicherseits eher zu wenig interessiert, die man sowjetischerseits jedoch als zunehmend bedrohlich empfindet, ist jetzt der wachsende chinesische Einfluß im Nahen Osten.

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Das arabisch-sowjetische Verhältnis steckt in einer tiefgehenden Krise. Während die Westmächte rund zweihundert Jahre brauchten, um das Mittelmeer — vorübergehend — zu ihrem „mare nostrum“ und den Vorderen Orient zum strategischen Hinterhof ihrer imperialistischen Interessen zu machen, brauchten die Sowjets dafür nur wenig mehr als zehn Jahre. 1955 erhielt Ägyptens beinahe schon vergessener Diktator Gamal Abdel Nasser die ersten Waffen aus dem Ostblock. 1967, nach dem dritten und katastrophal verlorenen Krieg gegen Israel, lag er fest an der Kette Moskaus. Im Kreml könnte man jedoch, ein weiteres Jahrfünft später, schon über das Sprichwort meditieren: „Wie gewonnen, so zerronnen!“

Die Araber haben noch keineswegs vergessen, daß die mit viel Geld und kaum auflösbarer politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit erkauften Waffen ihnen wenig Glück brachten. Immer häufiger taucht in arabischen Schriften über den Sechs-tagefeldzug die Behauptung auf, die Alleinschuld an der Niederlage trügen die von den sowjetischen Militärexperten übernommene (falsche) Strategie und die schlechte Qualität der gelieferten Waffen. Diese Qualität ist, vor allem in Ägypten, ebenso wie das in ägyptischen Augen anmaßende Auftreten der sowjetischen „Berater“, eine ständige Quelle von Reibereien zwischen den beiden Verbündeten. tiemessen am Aurwand war die sowjetische Nahostpolitik bis jetzt ein äußerst problematischer Erfolg. Die Lasten sind größer als der Nutzen. Staatschef Podgornys mürrische Feststellung, die arabische Schwäche liege nicht an den sowjetischen Waffen, sondern an der arabischen Mentalität, ist in ihrer erstaunlichen Offenheit ein bezeichnendes Beispiel für diese auch in Moskau dämmernde Erkenntnis.

Der Vergleich der direkten und indirekten russischen Aufwendungen mit den chinesischen ist trotzdem noch immer eine unfruchtbare Sache.

.reKing oauie, nucn zu /teilen des Imams Achmed, im Jemen eine Straße und eine Betonfabrik. Was es im einzelnen der Volksrepublik Südjemen in Aden gibt, läßt sich wegen der dortigen Nachrichtenverhältnisse kaum aufklären. Entwicklungspro- scheint als das sowjetische oder das jekte in anderen arabischen Ländern der freiheitlichen politischen, wirtblieben in den Anfängen stecken. schaftlichen und sozialen Ordnung

Warum also geraten sowjetische des Westens. Die westlichen Ideale

Diplomaten, Militärs, Geheimdienst- konnten im Vorderen Orient nie Fuß ler und Handelsreisende im Vorderen fassen, weil sie dort keinerlei Wur-

Orient in solche Panik, wenn man zeln fanden. Nach fünfzehn Jahren sie auf die chinesische Präsenz in arabisch-sowjetischer Kooperation diesem Gebiet anspricht? merken die Araber verstört, daß sie

„Worte sind auch Waffen!“ Dieses den westlichen nur mit dem östti-Schlagwort ist den Sowjets offen- chen Imperialismus vertauscht ha-kundig weitaus geläufiger als west- ben. Bei der Jugend Arabiens beliehen Beobachtern. ginnt die Mao-Bibel an weitaus

Feststeht, daß das chinesische Bei- stärkerem Ausmaß, als man es in spiel der Entwicklung aus eigener Europa zu glauben geneigt ist, den

Kraft auf die arabischen Verhält- Koran als „Rezeptbuch“ für eine nisse leichter anwendbar zu sein bessere Zukunft abzulösen.

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