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Trot\allem sind wir etwas Besonderes

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Das häufigste Argument, das meiner Erfahrung gegen die Ansicht vorgebracht wird, wir seien allein in der Galaxis, lautet, das sei antikopernikanisch und verstoße deshalb gegen fünfhundert Jahre westlichen Denkens. Es gibt eine Reihe von Erwiderungen darauf. Erstens sind Ideen nicht kopernikanisch oder antikopernikanisch; sie sind richtig oder falsch. Zweitens wird es, nachdem so viele makellos kopernikanische Bücher geschrieben worden sind, die nachweisen, daß wir sehr junge und unwichtige Mitglieder des galaktischen Clubs sein müssen, langsam Zeit, daß jemand die durchaus eindrucksvollen Argumente zusammenfaßt, die man für den gegenteiligen Standpunkt vorbringen kann.

Wie wir in diesem Buch gesehen haben, begünstigt nämlich das Beweismaterial, das uns zur Zeit vorliegt, eindeutig die Schlußfolgerung, daß wir allein sind...

Aber wir leben doch auf einem bedeutungslosen Felsklotz, der sich um einen unauffälligen Stern in einem schäbigen Teil der Galaxis dreht. Wir sind nicht der Mittelpunkt des Universums.

Mag sein, trotz allem sind wir etwas Besonderes.

Aber wir haben doch unsere Biochemie mit Millionen Lebensformen gemeinsam, angefangen bei den Plattwürmern. Wir gehören zu einer großen Familie von Tieren mit einer ganz bestimmten Variante der Kohlenstoffchemie, die man DNA nennt.

Mag sein, trotz allem sind wir etwas Besonderes. Warum?

Weil auf eben diesem Felsklotz, der eben diese Sonne umkreist, alle die Millionen Faktoren zufällig dazu geführt haben, daß die ersten empfindlichen Moleküle Zeit genug bekamen, komplizierte Ketten zu bilden, und diese Ketten genau das richtige Maß an Schutz erhielten, um einfache lebende Systeme zu bilden; diese lebenden Systeme veränderten ihre Umwelt genau auf die richtige Art und Weise, um knapp einer doppelten Katastrophe zu entgehen und Sauerstoff in die Atmosphäre zu befördern.

Das wiederum erlaubte dem Leben den Ubergang auf festes Land, und da die Bahn des Planeten genau die richtige war, veränderte sich das Wetter und zwang die affenartigen Wesen in der afrikanischen Savanne, Werkzeuge zu bauen, Unterkünfte zu errichten und über die Welt ringsum nachzudenken. Weil nur auf diesem bedeutungslosen Felsbrocken sich Wesen entwickelt haben, die ins Universum hinausblicken und die Frage stellen können: Warum?

Wenn ich ein religiöser Mensch wäre, würde ich sagen: Alles, was wir im Verlauf der letzten zwanzig Jahre über das Leben erfahren haben, zeigt, daß wir einzigartig und deshalb in Gottes Auge auserwählt und etwas Besonderes sind.

Stattdessen sage ich lieber: Was wir'gelernt haben, zeigt, daß eine sehr große Rolle spielt, was mit uns geschehen ist. Wir sind nicht die Schlangenhalsvögel der Galaxis — eine Lebensform mehr, de-,ren Schicksal im letzten für den großen Plan der Dinge von untergeordneter Bedeutung ist. Wenn es uns gelingen sollte, uns selbst zu vernichten, wird das eine Tragödie nicht nur für die Menschheit, sondern für die ganze Galaxis sein. Sie würde dann die Früchte eines seit 15 Milliarden Jahren andauernden Experiments zur Bildung denkenden Lebens verlieren.

Angesichts dieser Schlußfolgerungen kann man sich fragen, wie wir uns weiter verhalten sollen, was Untersuchungen zu Extraterrestrischen angeht.

Die vielleicht wichtigste Erkenntnis zu dem unmittelbaren Vorgehen, die wir aus diesem Buch gewinnen können, ist, die ungeheure Bedeutung eines aktiven Programms zur Erschließung des Weltraums in Erdnähe zu begreifen. Das wichtigste Ziel eines solchen Unterfangens ist nichts Geringeres als der Fortbestand der Menschheit und ihre Ausbreitung über das nächste Jahrhundert hinaus.

Die Kosten sind gering, wenn man die Vorteile der „Abfall"-Technologiert bedenkt. Ein erster Schritt über den heutigen Stand hinaus wäre wohl etwas in der Art der Energiesatelliten ... Wir halten das für einen Weg, den man wirklich gehen sollte.

Betreten wir aber in der Tat den Weg der Expansion in den Weltraum, so werden die ersten Außerirdischen, denen wir begegnen, unsere eigenen Enkelkinder sein.

James S. Trefil ist Physikprofessor an der Universität von Virginia.

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