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Digital In Arbeit

VON EINER WENDE WEIT ENTFERNT

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(cg)-Mit seinem Vater bewirtschaftet der junge Bauer einen Betrieb von 30 Hektar in der Mitterndorfer Senke. Ein großer Teil der Fläche wird nach allen Regeln der „chemischen" Kunst konventionell bewirtschaftet. Auf drei Hektar versucht der Sohn alternativen Landbau. Er ist ohne Erfahrung in dieses Experiment eingestiegen und ist immer noch in der Probierphase.

„Der Boden kann noch erstaunlich viel. Man baut etwas an - und es wächst: Kukurruz, Erbsen, Sonnenblumen. Ich versuche halt, statt mit Kunstdünger mit Kompost zu arbeiten, versuche, nicht zu spritzen, sondern Unkraut mit der Hand oder mechanisch zu entfernen. Das gelingt mehr oder weniger. Jedenfalls haben wir relativ normale Erträge gehabt." Die Zukunft sieht der junge Mann im biologischen Landbau. Aber von einer Wende sei man noch weit entfernt.

Denn wirklich lebensfähig ist der Betrieb dank der eingespielten, konventionellen Landwirtschaft. Man produziert, so viel es geht, liefert das Ergebnis im Lagerhaus ab und bekommt sein Geld. Das ist relativ einfach und kostet weniger Mühe als die Umstellung auf Alternativen.

Der Vater hat den Betrieb mit großem Erfolg aufgebaut: Mit acht Hektar hat er angefangen, hat zehn Kinder großgezogen - auch auf höhere Schulen geschickt. Mit allen Mitteln hat er alles aus Tier, Boden und Pflanzen herausgeholt. Außerdem gehört der Familie auch noch ein Gasthof und eine Fleischhauerei, die von den Familienmitgliedern betrieben werden.

Irgendwann einmal wird der Boden streiken. Dann muß immer mehr Technik und Chemie den Ertrag aufrechterhalten. Der junge Bauer will es später einmal anders machen, hat jedenfalls aber die Absicht, die Landwirtschaft des Vaters zu übernehmen: „Mit einer ,murz trum Freid' - aber in einem anderen Stil. Mir macht meine Arbeit immer mehr Spaß. Aber für meine verschiedenea Experimente habe ich auch immer jemanden, der mir bei Bedarf hilft. Da ist es leicht."

Wenn er seine Ideen verwirklichen will, muß sich natürlich schon auf verringerte Erträge einstellen. „Vielleicht lande ich einmal bei der Selbstversorgung der 60 bis 70 Leute, die unsere Familie umfaßt."

Einige seiner Freunde haben sich vor Jahren auch für Alternativen zu interessieren begonnen. Einige von ihnen sind allerdings jetzt auf die technische Richtung des biologischen Landbaus eingeschwenkt: viel Maschineneinsatz, aber Kompostdüngung. Jedes auftretende Problem wird mit neuen Maschinen behandelt. Aber das sei kein wirklicher Kurswechsel.

„Die Bauernvertreter haben bis dato nur schöne Worte gefunden, für die Bauern aber nicht das geringste getan. Die Bauern sind zu immer mehr Produktion angehalten worden - und diese fällt ihnen jetzt auf den Kopf. Das hätte man schon seit langem erkennen müssen."

Warum wehren sich die Bauern nicht, wählen sie nicht andere Vertreter? „Ich war schon bei mehreren Versammlungen, aber den Mund hab' ich noch nie aufgemacht. Um was zu ändern, müßte man sich enorm engagieren. Müßte Leute um sich versammeln. Das ist alles nicht so einfach. Und so muß ich sagen: Ich habe mich letztlich ganz gern zum unmündigen Bauern erziehen lassen. Es ist eben bequem."

Viele Bauern aber müßten einfach zu viel arbeiten. Sie haben dann einfach keine Zeit, keine Energie, sich auch noch in Gremien zu engagieren.

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