7127849-1997_12_12.jpg
Digital In Arbeit

Dann aber auch gleich Sachertorte für alle!

19451960198020002020

Ein festgeschriebenes „Recht auf Arbeit” ist eine feine Sache - aber warum nicht gleich ein Recht auf alles?

19451960198020002020

Ein festgeschriebenes „Recht auf Arbeit” ist eine feine Sache - aber warum nicht gleich ein Recht auf alles?

Werbung
Werbung
Werbung

Warum nur ist niemand früher auf diese brillante Idee gekommen? Wir schreiben einfach ein „Recht auf Arbeit” ins Gesetzbuch, oder besser noch in die Bundesverfassung, und schon ist das lästige Problem Massenarbeitslosigkeit vom Tisch.

Nur ausgesprochene Kleingeister und Querulanten werden einwenden, daß diese zumindest nobelpreisverdächtige ökonomische Vision mit dem einen oder anderen kleinen Haken ausgestattet ist, der einer Umsetzung dieses Konzeptes im Wege stehen könnte.

Querulatorisch könnte man einwenden, daß noch nicht ganz klar ist, gegen wen sich ein allfälliger Rechtsanspruch auf Arbeit eigentlich wenden wird: gegen ein beliebiges Unternehmen nach Diskretion des Arbeitssuchenden (besonders empfehlenswert erscheint da etwa die Oesterreichische Nationalbank)? Oder gegen die Bepublik Österreich als Garanten dieses Rechtes, die dann einfach einen Arbeitsplatz bereitzustellen hat - am einfachsten wohl, indem sie irgendwelchen Unternehmen vorschreibt, neue Arbeitsplätze im gewünschten Ausmaß und entsprechend den Anforderun gen der Jobsuchenden zur Verfügung zu stellen? Nur Kleingeister werden herummäkeln, daß dergleichen zu gewissen Schwierigkeiten führen könnte. Wenn etwa die Republik die nunmehr mit Recht auf Arbeit ausgestatteten rund 300.000 Arbeitslosen im eigenen Bereich, also der öffentlichen Verwaltung, anstellt, wird natürlich der Personalaufwand des Bundes ein kleines bißchen ansteigen, aber sicher nicht um mehr als vielleicht 100 oder 200 Milliarden Schilling, was bekanntlich ein Lerchefl ist, weil man nur die Mehrwertsteuer auf 50 Prozent anzuheben braucht, um das locker zu kompensieren. Falls man das nicht will - etwa weil sich dann niemand mehr leisten kann, noch irgend etwas einzukaufen, kann man ja ersatzhalber die Einkommensteuer auf 100 Prozent anheben (mehr ist leider technisch nicht möglich, aber die Erfinder des Rechtes auf Arbeit werden da sicher auch noch eine Ixisung finden).

Das gleiche Problem kann man natürlich haarspalterisch für den anderen Fall herbeireden, daß einfach private Unternehmen verpflichtet werden sollen, das „Recht auf Arbeit” einzulösen, indem sie jedem Begehr auf ein Dienstverhältnis zu entsprechen gezwungen werden.

Natürlich würde in der Folge ein Großteil der österreichischen Unternehmungen auf der Stelle konkur-sant werden. Aber auch dieses kleine! Ärgernis läßt sich entsprechend der brillanten Logik der Recht-auf-Arbeit- Proponenten mit ein wenig Phantasie leicht beseitigen: indem ganz einfach das Insolvenzrecht dahingehend novelliert wird, daß auch

Unternehmen ein „Recht auf Existenz” zugestanden und die Insolvenz verboten wird:

Man sieht: mit ein bißchen kreativem Aufwand ist es gar nicht so schwer, die Arbeitslosigkeit legi-stisch aus der Welt zu schaffen.

Bedauerlich ist allerdings, daß diese bemerkenswerte Innovation aus Österreich leider noch nicht konsequent zu Ende gedacht worden ist. Denn das schlichte Grundprinzip bietet sich ja auch hervorragend zur Bewältigung einer Reihe anderer Phänomene an, die derzeit noch Komforteinbußen bereiten. Warum also nicht ein Recht auf Geldwertstabilität einführen, indem die Inflation einfach verboten wird? Warum nicht ein Recht auf Wohnen - nein, besser noch, auf eine Villa im Grünen mit Swimmingpool und Sauna - einführen (würde nebenbei auch die darniederliegende Bauwirtschaft beleben)?

Warum, um die engen Grenzen des Ökonomischen zu überschreiten, nicht auch ein Recht auf Gesundheit einführen, indem Krankheit im Verordnungswege untersagt wird? Warum nicht, sicher ist sicher, auch noch das Recht auf eine Sachertorte pro Woche für alle (außer jener, die keine Süßigkeiten mögen und ersatzhalber eine Flasche Bordeaux beliebiger Lage und frei zu wählenden Jahrganges für sich in Anspruch nehmen dürfen)?

Wir sehen: der schöpferischen

Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt, und irgendwer wird dafür schon brennen. Falls nicht, empfiehlt es sich als sozusagen ultima ratio, ein „Recht auf Finanzierung” der Republik Osterreich einzuführen, das eine allenfalls notwendige Erhöhung der Staatsschuld problemlos ermöglicht.

Bin festgeschriebenes „Recht auf Arbeit” ist übrigens - ohne den Erfindern nahetreten zu wollen -nichts Neues. Die dahingeschiedene Deutsche Demokratische Republik kannte es bereits seit den fünfziger Jahren. Der durchschlagende Erfolg dieser Konzeption im Honecker-Staat braucht hier nicht näher beleuchtet werden - er ist wohlbekannt, nur ewige Mäkler werden einwenden, daß dort vor allem die landestypische Gepflogenheit, lange Mauern zu errichten, Arbeitsplätze in ausreichendem Maße geschaffen hat. Daß in der DDR dem „Recht auf Arbeit” auch eine Pflicht zu arbeiten gegenüberstand - bei Strafe der Verbringung ins Arbeitslager im Falle des Zuwiderhandelns - sollte die hiesigen Vertreter dieser Idee nicht vom Pfade der Erleuchtung abbringen. Denn ohne die Anwendung derartiger polizeistaatlicher Methoden wird ein Staat, der sich das Recht auf Arbeit in die Verfassung schreibt, ohnehin nicht aufrechtzuerhalten sein.

Aber was zählt schon Recht im Vergleich zum „Recht auf Arbeit”?

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung