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Wer spricht von Siegen?

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Die Gallup-Systeme aller Art, die noch vor kurzem der ÖVP kaum Chancen für einen Sieg bei den kommenden Nationalratswahlen gegeben haben, werden ihre Ansichten ändern müssen. Ihre Chancen steigen — dank der SPÖ. Oder richtiger gesagt, dank des Gewerkschaftsbundes. Die Wahl vom 6. März 1966 war nicht so sehr eine Wahl für die ÖVP, wie eine Wahl gegen die SPÖ. Fussach, der Ausschluß von Olah, die Beschlagnahmung der „Kronenzeitung”, die Unbeliebtheit Pitter- manns, alles das gab vielen Wählern den Wunsch ein, der SPÖ einen Denkzettel zu versetzen. Dies kann man bekanntlich in Österreich leicht mit dem Stimmzettel. Und die Wahl vom 6. März fiel dementsprechend aus.

Noch ein oder zwei solcher Taten, wie sie der Gewerkschaftsbundpräsident vorige Woche setzte, und die ÖVP wird zu ihrer eigenen Überraschung mehr Chancen haben, als sie glaubt. Was aber war wirklich geschehen? Der „General” des ORF, Bacher, hatte das Ednigungsamt ersucht, das Dienstverhältnis von vier Betriebsräten des ORF aufzulösen. Betriebsräte genießen — mit Recht — einen besonderen Schutz. Sie können nicht ohne weiteres gekündigt oder entlassen werden. Das Eindgungsamt muß hiezu seine Zustimmung geben. Das Einigungsamt ist eine Art Schiedsgericht, das zu prüfen hat, ob Kündi- gungs- oder Entlassungsgründe bei Betriebsräten tatsächlich vorliegen. Wenn es diese verneint, kann das Dienstverhältnis nicht gelöst werden. Im Fall der vier genannten Betriebsräte hatte das Einigungsamt noch gar keinen Entscheid gefällt. Aber diese angehängten Verfahren benützte der Gewerkschaftsbundpräsident, um die Mitarbeit des ÖGB in allen Organisationen aufzukündigen, die in der Öffentlichkeit als Instrument der Wirtschafts- und Sozialpartner angesehen werden. Diese Aufkündigung solle so lange bestehen bleiben, als Bacher nicht beredt ist, den Weg der Zusammenarbeit und auf überparteilicher Ebene zu gehen.

Ein massiver Druck somit an Bacher, die Anträge an das Eindgungsamt zurückzuziehen. Indirekt ein Eingriff in ein schwebendes Verfahren. Ein harter Akt der Gewalt.

Wenn der Österreicher aus seiner Vergangenheit etwas gelernt hat, dann ist es die Ablehnung der Gewaltanwendung in der Politik. Ihm liegen noch die Jahre 1927, 1933, sowie 1934 in den Gliedern. Und er möchte sie nie mehr wiederholt sehen. Und er ist auch schon sehr hellhörig geworden gegen jeden kleinsten Versuch, mit Gewalt politische Fragen zu lösen. Die „Kronenzeitung”, die immer sehr gut die Stimmung des kleinen Mannes zum Ausdruck bringt, sagte dies ganz deutlich in Ihrer Sonntagsausgabe. Solche Taten lassen die Stimmung des kleinen Mannes Umschlagen. Noch ein, zwei solcher Akte, und die ÖVP kann erneut einem „österreichischen Wunder” entgegensehen. darf ruhig des Menschen Diener sein, um seine Neugier rascher zu befriedigen.

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