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Wahlen in Brasilien
Einer der angesehensten brasilianischen Politiker, der 78-jährige Raul Pilla, sagte in einem Interview: „Das brasilianische Parlament hat seit der Errichtung der .Präsidentschafts-Republik' einen dauernden Abstieg zu verzeichnen: er hat jetzt sicherlich seinen niedrigsten Punkt erreicht.“ '
Die Entmachtung der Legislative begann mit der Revolution von 1964, bei der Joäo Goulart vom Marschall Castelo Branco gestürzt wurde. Schon im Verfassungs-Akt No. 1 wurde dem Parlament das Recht entzogen, Gesetzentwürfe vorzulegen, die Ausgaben für den Staat bedeuteten. Eine weitere Bestimmung verfügte, daß das Parlament über Projekte der Regierung binnen einer bestimmten Frist zu entscheiden habe, sonst gelten sie als angenommen. Nach der späteren Verfassung von 1967 wurde die Form der Gesetzgebung geändert und dem Präsidenten das Recht gegeben, durch Dekrete Finanz- und Sicherheitsgesetze zu erlassen. Im Dezember 1968 wurde das Parlament durch den Verfassungs-Akt No. 5 nahezu ausgeschaltet. In den letzten sechs Monaten, in denen es jetzt wieder (vor den Wahlen) funktionieren konnte, hat der Präsident ihm 45 Gesetzesdekrete zugeleitet; theoretisch hätte es sie aufheben können, hätte allerdings damit riskiert, wieder ausgeschaltet zu werden Da außerdem die parlamentarische Immunität aufgehoben und das Interpellationsrecht beschränkt Ist, haben die Abgeordneten in Wirklichkeit nur das Recht, ihre Diäten zu beziehen. Es ist kein Wunder, daß sowohl die Regierungspartei ARENA als auch die Oppositionspartei MDB Schwierigkeiten haben, auch nur die Kandidaten für die Parlamente des Bundes und der Einzelstaaten zu finden.
Der „Weg zum Volk“ soll vor allem durch Television gefunden werden: 2 Stunden täglich in allen Rundfunk-und Femsehstationen stehen beiden Parteien je zur Hälfte zur Verfügung. Präsident Garrastazü Medici, soll übrigens, wie die Zeitschrift „Veja“ berichtete, „tief bewegt und mit Tränen in den Augen“ Politiker beider Parteien empfangen haben, die ihm gemeinsam ihre Solidarität bei einem scharfen Vorgehen im Falle des in Uruguay entführten und bisher nicht freigelassenen brasilianischen Konsuls Aloysio Dias Gomide zum Ausdruck brachten. In der brasilianischen Presse schrieb man von einem ersten Schritt zur nationalen Einheit. Aber außenpolitisch sind sich Patrioten leichter einig als innenpolitisch, besonders in einem Fall, in dem das kleine Uruguay eine Linie zeigt, welche die einen hart und die anderen unmenschlich nennen, während das große Brasilien im Falle von Holleben die Konzessionen machte, die man in Uruguay bisher ablehnt.
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