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Verteidiger des Glaubens

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OFFENBARUNG, GNOSIS UND GNOSTISCHEB MYTHOS BEI IRENAUS VON LYON. Zur Charakteristik der Systeme. Von Norbert B r o x. Verla; Anton Fustet, Salzburg-München, 1966. 233 gelten. S 162.80.

Das Internationale Forschungszentrum für Grundlagen der Wissenschaften in Salzburg eröffnet mit dem vorliegenden Werk eine Reihe von Untersuchungen zur altchrist-liöhen Literatur mit dem Titel „Salziburgar 'Patristische Studien". Diese Arbeit wurde von der Theologischen Fakultät der Universität Graz als Habilitationsschrift angenommen und außerdem mit dem „Kairdinal-Inniitzer-Preis" 1965 ausgezeichnet. Der Dozent für Altkirchliche Theologie in Graz erweist sich damit als ausgezeichneter Kenner der Auseinandersetzungen, die im 2. Jahrhundert zur deutlicheren Entfaltung der Glaubenslehre entscheidend mitgewirkt haben. Das weitverzweigte Lehrsystem und Lebensprogramm der Gnosis bedeutete wohl eine ernste Gefährdung für das junge Christentum, hat aber auch den bedeutendsten Theologen auf den Plan gerufen, der in dieser Zeit die Angriffe auf die kirchliche Lehre treffend zu erwidern wußte. Irenaus, aus Kleinasien stammend, als Kind noch Schüler des Apostelsehülers Polykarp von Smyrna, mit der Kirche von Rom vertraut, tritt als Bischof von Lyon in Gallien mit seinen Werken „Fünf Bücher der Entlarvung und Widerlegung der fälschlich so genannten Gnosis" und dem „Erweis der apostolischen Predigt", die uns als einzige seiner Werke erhalten sind, den unerbittlichen Kampf gegen die Verfälschung der Glaubenssubstanz an. Es geht ihm nicht in erster Linie darum, Meinung gegen Meinung zu stellen, um dadurch Glaubenslehre gegen Irrlehre scharf abzugrenzen, obwohl er sich die bis ins einzelne gehende Widerlegung keineswegs erspart, sondern er führt die vielfältigen Meinungsverschiedenheiten auf wenige grundsätzliche Irrtümer und Fehlhaltungen zurück. Darauf eingehend Märt er das Verhältnis des Menschen zu Gott und Seiner Offenbarung und grenzt die Möglichkeiten der menschlichen Erkenntnis innerhalb des Glaubensvollzuges ab. Am Verhältnis zur Heiligen Schrift weist er den Gnostikern nach, daß sie den Menschen überschätzen und Gott herabsetzen. Sie unterstellen sich nämlich nicht dem Anspruch Gottes, dessen Offenbarung im Wort der Schrift ergeht, sondern entnehmen daraus eine nachträgliche Bestätigung, ihrer Lehren und scheuen sich nicht, den Sinn bisweilen mit Gewalt ihren Bedürfnissen anzupassen. Sie wollen aus der Offenbarung „ein umfassendes, lückenloses, selbst-siAares Wissen gnostischer Art" (S. 174) gewinnen, das sie einer tieferen Auslegung, die nur wenigen Eingeweihten zugänglich ist, verdanken. Dabei übersehen sie, daß Gott unerkennbar bleibt und sich den Menschen nur soweit zu erken-

nen gab, als es für ihr Heil notwendig ist. Nicht ihre Wißbegierde verschafft den Menschen die Kenntnis des Wahren, sondern Gott teilt ihnen das sichere Wissen um die Wirklichkeit mit, die im Geschehen des Heiles ihre Mitte hat. Die Bücher der Schrift und die Predigt der Kirche überliefern die Erkenntnis des Wirklichen unverfälscht und legen sie verbindlich aus. Die Kirche ist im Glauben und in der Lehre zuverlässig, weil sie mit dem in Christus gesetzten Ursprung in ununterbrochener Verbindung steht. Eine nachweisbare Kette glaubwürdiger Zeugen und beglaubigter Amtsträger reicht, von Jesus und den Aposteln ausgehend, bis in die Gegenwart. Der in dieser Uberlieferung wirksame Heilige Geist gibt jedem Glied der Kirche die sichere Orientierung, die ihn die Einheit, Sinnhafttgkeit und Zielstrebigkeit der Geschichte Gottes mit den Menschen im Alten und Neuen Bund erkennen und die Kirche von der Irrlehre unterscheiden Jäßt. Dabei empfindet er jede Einzelheit der Heilordnung als einleuchtend und vernunftgemäß. Zugleich erfährt er, wie unsachgemäß und unhaltbar

die Behauptungen der Gnostiker sind, weil sie unter falschen Voraussetzungen und auf verfehlte Weise gewonnen werden. Nachdem sie die rechte Ordnung des Erkennens, der Dinge und des Heiles verworfen haben, bleibt ihnen nur übrig, „am Gegebenen, Wirklichen, an Gott selbst etwas ändern zu wollen" (S. 199). Wer sich von Gott belehren läßt, gewinnt Einblick in die inneren Zusammenhänge, „ohne einer Mißdeutung zu verfallen" (S. 206). Für ihn ergibt sich, daß Glaube und Einsieht ineinander geben. Der Glaube nimmt das Tatsächliche an und erkennt <taP alles, was der Mensch sucht, von Gott her geschehen und geschenkt ist. Mit dem richtigen Denken langt er bei der Glaubensregel an. Sie ist die wahre Gnosis, das Glaubenswissen des Menschen, der sich selbst richtig einschätzt, Gott wahrhaft anerkennt und dadurch von Gott über die eigenen Grenzen hinausgehoben wird. Hiermit ist ungemein aufbauende und wegweisende Arbeit geleistet; die das Gedankengut des Irenaus auch für uns wertvoll und anregend macht. Dem sachkundigen Interpreten dieses vielfach noch unzulänglich erforschten Lehrsystems werden nicht bloß die unmittelbar betroffenen Fachleute, sondern alle an den Ursprüngen unseres theologischen Denkens Interessierten äußerst dankbar sein.

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