Finanzkrise erfasst Realwirtschaft

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Es ist nicht sicher, dass die Finanzkrise ausgestanden ist, wahrscheinlich stehen noch einige Wellen bevor. Und es wird zumindest noch für Monate eine ruppige Partie. Entschieden wird die Zukunft allerdings nun im Realsektor. Die Auftragseingänge sinken, Projekte werden verschoben, Kredite sind teuer, Konsum bleibt schwach. Und wenn der Realsektor lahmt, übertragen sich die Probleme wieder zurück in den Finanzsektor: sinken auch die Gewinne der Industrie und Dienstleistungsanbieter, verfällt wieder der Kurs der Aktien etc.

Die Politik kann gegensteuern, wir haben aus früheren Krisen viel gelernt, wie auch die Bekämpfung der Finanzkrise gezeigt hat. Reaktionen auf fünf Ebenen sind möglich und nötig:

Erstens wird die europäische Geldpolitik noch mindestens zweimal die Zinsen senken müssen, nicht zu spät und nicht zu zimperlich. 4,75% sind zu hoch und belasten die Wirtschaft.

Zweitens sollte auf europäischer Ebene das Einverständnis wachsen, dass alle Länder jetzt ihre Staatsausgaben um ein halbes Prozent der Wirtschaftsleistung heben müssen. Es sollen auch außerbudgetäre Finanzierungen durch die europäische Investitionsbank mobilisiert werden und Forschung und Energieeffizienzprogramme sowie transeuropäische Netze beschleunigt werden.

Drittens sollte in einer Art Krisenmanagement versucht werden, große Projekte durchzufinanzieren, unter anderem auch in den Erweiterungsländern. Bei Ausfallen einer Finanzinstitution, die selbst in Schwierigkeiten ist, sollte man rasch einen Ersatz suchen, damit sinnvolle Projekte nicht stehen, weil einer von mehreren Investoren Schwierigkeiten hat. Weltweit steht ein hoher Kapitalüberschuss zur Verfügung, in den arabischen Ländern, in Indonesien, in Norwegen, er könnte für in Not geratene Projekte mobilisiert werden.

Viertens sollte Österreich rasch ein Konjunkturpaket schnüren. Dabei sollen Aktivitäten, die das langfristige Wachstum fördern, durchgeführt werden, von Kindergartenausstattung über Schulen, Universitäten, besonders auch Programme mit Doppelnutzen, z. B. zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden und Wohnungen.

Fünftens sollte ein Teil der Steuerreform vorgezogen werden. Dies dann, wenn es über die Prinzipien der Entlastung Einverständnis gibt und wenn garantiert ist, dass dieser Teil auch als anspruchvolles Entlastungsprojekt gesehen wird.

Wenn - aber auch nur wenn - auf allen diesen Ebenen Fortschritte erzielt werden, kann die Krise der Realwirtschaft abgefedert und die nächste Etappe der Verunsicherung der Finanzmärkte gestoppt werden.

Der Autor ist Direktor des Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO)

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