Tourismusforschung - © Foto: iStock/guvendemir

Tourismus: Aufbruch zu neuen Ufern

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Corona hat die Krisenanfälligkeit des Tourismus bloßgelegt. Wie kann es gelingen, den Fremdenverkehr resilienter und klimafreundlicher zu machen? Eine aktuelle Studie plädiert für hochwertigere Angebote.

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Corona hat die Krisenanfälligkeit des Tourismus bloßgelegt. Wie kann es gelingen, den Fremdenverkehr resilienter und klimafreundlicher zu machen? Eine aktuelle Studie plädiert für hochwertigere Angebote.

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Was hat die letztjährige Pleite des Reiseanbieters Thomas Cook mit der aktuellen Coronakrise zu tun? Beide Ereignisse zeigen drastisch, wie krisenanfällig der Tourismus ist. Einer der Gründe für den Konkurs von Thomas Cook war die Hitzewelle im Sommer 2018, die für rückgängige Buchungen im folgenden Jahr sorgte: Wie bereits im Rekordsommer 2003 sahen viele Europäer keinen Grund, ihren Urlaub in wärmeren Ländern zu verbringen. Für Tourismusforscher wie Stefan Gössling sind das markante Beispiele dafür, wie der Klimawandel zunehmend das globale Reiseverhalten beeinflussen wird.

Corona-Pandemie: Der "schwarze Schwan"

Die Coronakrise hingegen kam als „schwarzer Schwan“: als quasi unvorhersehbare Entwicklung mit extremen Konsequenzen. Sie trifft die Tourismus- und Freizeitbranche in voller Härte: In Wien etwa ist heuer ein Wertschöpfungsverlust von 1,9 Milliarden Euro zu erwarten, schätzt der Wiener Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ). Weltweit leiden vor allem die Ballungszentren unter Covid-19. Erst 2024 würden die meisten Städte wieder das Niveau von 2019 erreichen, prognostiziert die Weltorganisation für Tourismus (UNWTO).

„Stellen Sie sich mehrere Krisen im Ausmaß von Covid-19 vor: extreme Wetterereignisse, globaler Nahrungsmangel oder andere Konsequenzen des Klimawandels“, sagt Gössling in einer Presseaussendung der Universität Lund: „Da dies wohl länger andauern würde als die aktuelle Pandemie, wäre der Fremdenverkehr jedenfalls stark davon betroffen.“

Aus Sicht des Klimaschutzes gilt es, eine Negativspirale im Tourismus zu durchbrechen, die durch den zunehmenden Flugverkehr angetrieben worden ist.

In einer aktuellen Studie analysiert der Professor für Nachhaltigen Tourismus die neuen Anforderungen angesichts des Pariser Klimaschutzabkommens, das eine vollständige Dekarbonisierung in den nächsten drei Jahrzehnten vorsieht – auch für die Reisebranche. Im Fokus der Überlegungen steht eine zentrale Frage: Wie gelingt es, eine nachhaltige und zugleich ökonomisch attraktive Systemänderung zu vollziehen?

Aus Sicht des Klimaschutzes gilt es, eine Negativspirale zu durchbrechen, die durch den zunehmenden Flugverkehr angetrieben worden ist. So sank der Preis der Flugtickets von 1998 bis 2018 weltweit um 60 Prozent, während der Anteil der Fluggäste an allen internationalen Ankünften von 44 auf 57 Prozent stieg. Günstigere Tickets bedeuteten aber auch, dass Touristen öfter Urlaub machen konnten, und zwar bei geringerer Reisedauer und größerer Reisedistanz.

Billige Flüge, kürzerer Aufenthalt

Weltweit ist seit 1995 ein Trend zu weniger Nächtigungen pro Reise zu beobachten, besonders deutlich in traditionellen Fremdenverkehrsländern wie Österreich: Hierzulande zeigte sich in den letzten 25 Jahren ein fast linearer Rückgang der Aufenthaltsdauer um rund 28 Prozent. Um die Zahl der Nächtigungen insgesamt aufrecht zu erhalten, benötigen die Destinationen daher mehr Touristenankünfte. Das ist ein Grund, warum rund um den Globus der (durchaus Energie-intensive) Transportbedarf steigt und die Flughäfen expandieren – und die CO2-Bilanz dieser Branche derzeit so negativ ausfällt.

Der Tourismus der Zukunft hingegen sollte hochwertig, klimafreundlich und resilient sein, empfehlen die Studienautoren. Für die Anbieter hieße das etwa, nähere Destinationen und längere Aufenthaltsdauern zu bewerben sowie die Gewinne möglichst in der Region zu halten – etwa durch Versorgung von naheliegenden Bauern. An den Touristen läge es dann, solche Angebote auch vermehrt zu unterstützen.

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