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Die Zukunft ohne ,Schule’

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Man lernt nie aus. „Die staatliche Schule beruht auf der gesetzlichen Einführung der Schulpflicht, die erst gut 100 Jahre her ist“, doziert da ein Innsbrucker Erziehungswissenschaftler im - auch sonst mit Kuriosem gespickten - neuen „Bericht zur Lage der Jugend“. Nichts gegen die Freiheit der Wissenschaft, aber vielleicht hat der gute Mann seinerzeit auch nur den Unterricht geschwänzt. Sonst würde er ja wissen, daß mit Johann Ignaz Felbigers „Allgemeiner Schulordnung“ unter Maria Theresia vor gut 220 Jahren die Grundlage für die österreichische Volksschule und die (damals) sechsjährige Schulpflicht gelegt worden ist.

Eingebettet ist diese Großzügigkeit im Detail in nicht kleinliche Rundumschläge gegen die Schule an sich und die Pflichtschule im besonderen: daher wettert der Autor wider „die Verstaatlichung des Lernens“, betrachtet die Schule als „eines der grandiosesten Täu- schungsmasnöver der Moderne“, flädiert für eine Abschaffung der flichtschule und erklärt die Reformbemühungen für samt und sonders gescheitert.

Was wird als Alternative angeboten? Die Forderung - wie vertraut das klingt - nach „Demokratisierung der Bildung“, die Überlegungen für eine „Zukunft ohne ,Schule1“: „Die Schulen der Zukunft werden flexible Kurssysteme sein ... “.

Für den Bereich der weiterführenden Schulen sollte man diesen Gedanken ja keinesfalls verwerfen. Aber Kurssysteme in der Pflichtschule, die als Dorn im erziehungswissenschaftlichen Auge schmerzen, in der Volksschule gar?

Graue und krause Theorie. Und wissenschaftlich genug, damit sich Mann und Modell daher auch nicht im rauheren Schulalltag — etwa in einer öffentlichen großstädtischen Volks- oder Hauptschule - praktisch je bewähren müssen.

Keine Frage: Schulkritik ist berechtigt, manches läuft tatsächlich schief. Aber auch - wie sich zeigt - bei einem Erziehungswissenschaftler. Eine Antwort auf seine vernichtende Schulkritik geben ihm übrigens rund 70 Seiten später im Jugendbericht Schüler selbst: sieben von zehn gehen heute noch „sehr gerne“ oder zumindest „gerne“ in die Schule. Nur ein Selbsttäuschungsmanöver?

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