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Seit dem Zeitpunkte, da ich vor zwei Jahren die Ehre hatte, an dieser Stelle die Absatzchancen des religiösen Fihnes in Oesterreich zu erörtern, hat sich in unserem Verhältnis zu den mit der Filmarbeit befaßten kirchlichen Stellen ein bedauerlicher Wandel vollzogen. Nicht, daß dieses Verhältnis schlechter geworden wäre. Es ist — was meiner Ansicht nach viel schlimmer ist — der Kontakt weitgehend verlorengegangen, und ein solches Verhältnis zwischen Standpunkten, deren natürliche Spannungen stark sind, wirkt sich, wie ich glaube, ungleich ungünstiger aus als jede andere Form des Zusammenlebens.

Nun läßt sich zunächst nicht bestreiten, daß die Verminderung des Kontaktes zum Teil von uns verschuldet wurde. Die äußerste Anspannung, mit der wir in den vergangenen eineinhalb Jahren wirtschaftliche Probleme, nämlich Grundfragen des Fortbestandes eines Teiles der österreichischen Lichtspieltheater, zu lösen und zu bewältigen hatten, ließ keine Kräfte für die Behandlung anderer, wenngleich wichtiger Dinge frei. Die unabweisliche Notwendigkeit, sie jetzt dennoch zu behandeln, verbunden mit der nach Erledigung der Filmmietenfrage gegebenen Möglichkeit hiezu, läßt uns hoffen, das Versäumte auch auf dem Gebiete unserer Beziehungen zu den kirchlichen Filmstellen bald nachzuholen.

Anderseits kann und darf ich auch nicht verschweigen, daß es Ursachen für den fehlenden Kontakt, die ausgebliebenen Gespräche, die unterlassenen Fühlungnahmen gibt, die sich unserer Einflußnahme weitgehend entziehen. Sie liegen nahezu ausschließlich in der manchmal durch bloße Schlagworte beeinflußten Art und Weise, in der während des in Rede stehenden Zeitraumes Film- und Kinoprobleme von den kirchlichen Filmstellen und von den mitwirkenden Laienorganisationen behandelt worden sind. Das hat mit einer Parteinahme von Salzburger Kirchenvertretern in einer rein wirtschaftlichen, schon auf Grund ministerieller Weisung jeglicher Aspekte entbehrenden Frage, der des Heereskinos in Siezenheim, begonnen. Entgegen der Vielzahl von Fachgutachten international anerkannter Soziologen, Richter, Aerzte, Psychologen und Kriminologen kamen in der Folge massive Vorstöße bezüglich der Erhöhung der Altersgrenzen für die Zulassung Jugendlicher zu Filmvorführungen, Interventionen zu den Kinogesetznovellen im Burgenland, in Niederösterreich, Oberösterreich und Tirol vor ihrer parlamentarischen Behandlung und — wieder in Salzburg — eine Aktion zur Beschränkung der Aufführung bestimmter Filme. Ihr Ziel ist, wenn man sich in den Standpunkt der kirchlichen Filmarbeil vprsetzt, zu verstehen gewesen, nicht aber ihre Methode. Wenn jetzt, vor Abfassung dieses Artikels, Nachrichten über neuerliche Aktioner gegen die Aufführung von Filmen in Salzburg eingelangt sind, die bisher in allen anderer Staaten und auch in anderen österreichischer Bundesländern völlig unbeanstandet gezeigt worden sind, dann wird einem objektiven Betrachter erkennbar werden, wie schwierig unset Verhältnis zu den kirchlichen Filmstellen geworden ist.

Selbstverständlich belastet auch die Frage der Filmbegutachtung durch die katholische Filmkommission nach wie vor unser Verhältnis zur katholischen Filmarbeit. Selbst auf die Gefahr hin, oft Gesagtes zu wiederholen, muß ich dabei neuerlich eine mehrfach geäußerte Feststellung treffen, weil mir gerade in dieser Frage besonders daran liegt, nicht mißverstanden zu werden.

Wir sind uns dessen bewußt, daß es Auftrag und legitimer Anspruch der Kirche ist, sich in Erfüllung seelsorgerischer Aufgaben zu allen Fragen des öffentlichen Lebens öffentlich zu äußern. Es liegt uns daher fern, gegen die Filmbeurteilung durch die Katholische Filmkommission Stellung zu nehmen, soweit sie unter dem Gesichtspunkte pastoraler Tätigkeit Filme nach ihrem sittlichen, religiösen und ethischen Wert oder Unwert beurteilt und kritisiert. Wogegen wir uns wenden, und zwar mit Nachdruck, ist eine Filmbeurteilung, in der die Autorität der Kirche den Gläubigen gegenüber auch die Kritik an den künstlerischen, ja selbst an den technischen Ergebnissen des Filmschaffens deckt. Das hat unserer Meinung nach mit Freiheit der Meinungsänderung nichts zu tun.

Wir anerkennen dankbar die Bemühungen, eine schärfere Trennungslinie zwischen den Beurteilungspunkten zu ziehen. Nichtsdestoweniger müssen wir mit Bedauern feststellen, daß, auf eine vielleicht etwas vergröbernde, aber im Kern richtige Formel gebracht, das ästhetische Urteil in der „Filmschau“ beinahe ebenso verbindlich wirkend erscheint wie das ethische Werturteil. Sicherlich nicht in den Augen des Herausgebers, aber in weiten Kreisen der Bevölkerung.

Die Situation, in der sich der Film heute befindet, ist durch eine ausgesprochen feindliche Atmosphäre gekennzeichnet. Bei aller Anerkennung dessen, daß dazu die Einfuhr von Filmen beigetragen hat, die besser außerhalb unserer Grenze geblieben wären, kann doch nicht übersehen werden, daß sich nur wenige Menschen der Mühe unterziehen, die Dinge nach eingehender Prüfung gerecht zu beurteilen. So fällt es beispielsweise fast nicht mehr auf, welch einmaliges, dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit hohnsprechendes Unrecht darin gelegen ist, daß man die Lichtspieluntemehmen bis zum Exzeß mit drei Sonderabgaben belastet und gleichzeitig den Fernsehfunk mit Millionenbeträgen unterstützt.

Diese heutzutage weithin feststellbare Art des Urteilens, ohne zu prüfen und zu wägen, haben Wir bei Sen kompetenten kirchlichen Filmstellen nie feststellen müssen, auch nicht die Ablehnung eines offenen Wortes. Deshalb glaube ich der Sache mit freimütiger Behandlung der uns trennenden Fragen einen besseren Dienst erwiesen zu haben als mit einer Aneinanderreihung von guten Wünschen zu internationalen religiösen Filmfestwochen, deren Selbstverständlichkeit mich nicht dem Wunsche enthebt, sie hier ebenso anzuschließen wie jenen, daß wir bald wieder einen der Sache nützlichen Kontakt mit den kirchlichen Filmstellen finden mögen.

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