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Digital In Arbeit

Gesicherter Weg

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Energie, Produktivität und geistige Arbeit in neuer Sicht. Der Weg zur Sicherung der Zukunft der Welt. Von Dipl.-Ing. Oskar Lohser. Verlag Georg Fromme & Co., Wien und München. 268 Seiten

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Energie, Produktivität und geistige Arbeit in neuer Sicht. Der Weg zur Sicherung der Zukunft der Welt. Von Dipl.-Ing. Oskar Lohser. Verlag Georg Fromme & Co., Wien und München. 268 Seiten

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Für.,den, Techniker st Ilzpkonwi?ch „Iffc Bestand, ,ętwąvdas Irrationale, in der Wirtschaft,, oft ein Aergernis. Kann die Technik weithin Produktionsabläufe mengenmäßig bestimmen, ist es der „Wirtschaft“ nicht immer möglich, das ihr von der Technik Gebotene abzusetzen, weil sie die Elemente des jeweiligen Marktes nicht völlig zu beherrschen vermag. Der Techniker hat es eben mit voraussehbaren Abläufen zu tun, die Wirtschaft mit Komplexen, in denen Gesichertes mit Irrationalem vermengt ist. Die Krise ist dem Techniker ebenso ein Skandal, der wohl zu reparieren wäre, wie der Hunger etwas ist, das er als unverständliches Versagen klassifiziert. Die Versuche von Technikern, sich der Wirtschaft als Systemgebäude von Denkansätzen und politischen Maßnahmen zu bemächtigen, sind daher verständlich und sicher geeignet, der Wirtschaftswissenschaft neue Anregungen in ihrem Bemühen, das Oekonomische weithin vorherbestimmbar zu machen, zu liefern.

Auch das vorliegende Buch des Energiefachmannes Dipl.-Ing. Lohser gehört zu den Versuchen der obenbezeichneten Art.

In einem ausgezeichneten Stil geschrieben, ist das Buch der Ausweis des Bemühens des Verfassers, die wirtschaftlichen Fakten und Abläufe auf Energieeinheiten (S. 49) und genauer: auf Wäg- und Meßbares zu reduzieren. Darüber hinaus sieht der Autor alles Wirtschaftliche letztbestimmt von der geistigen Arbeit.

Gerade die Klarheit der Datstellung des Verfassers macht es dem Referenten relativ leicht, zu seinen Ausführungen Stellung zu nehmen.

„Söll die Zukunft der Welt gesichert sein, müssen wir nach der Lohserschen Theorie wirtschaften", heißt es im Klappentext. Mit dieser Feststellung ist eigentlich auch schon das Urteil gesprochen: Der Verfasser will — im Sinn des Methodenmonismus — seine Gedanken als absolut gesetzt wissen und die ungemein verflochtenen Vorgänge in der Wirtschaft auf die von ihm gewählten Einheiten (die durchaus technisch-mechanischer Natur sind) zurückführen. Das Anliegen der Wirtschaftstheorie ist das gleiche, das der Autor hat: Steuerung der Wirtschaft, um sie krisenfrei zu machen. Aber auch eine „Energiebilanz“ vermag nicht jenes Gleichgewicht in der Wirtschaft zu sichern, das Bedarf und Anbot im Sinne einer optimalen Wohlfahrt der Staatsbürger abzustimmen vermag.

Zu allem kommt, daß der Verfasser sich bemüht, grundsätzlich alles, was durch die Jahrhunderte von der Wirtschaftstheorie an Begriffen und Thesen formuliert wurde, als unlogisch oder falsch hinzustellen und es durch seine Annahmen zu ersetzen. Dabei werden viele Dinge gesagt, die durchaus richtig sind, wie etwa der Hinweis darauf, daß allzulange der Wert der geistigen Arbeit bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Fakten zu niedrig angesetzt wurde. Man kann aber nicht z. B. den Wert der Knappheit (die eine der Elementarkategorien der Wirtschaft ist) leugnen oder den Wert einer Energiemenge gleich

,. se,(zen ohije Bedachtnahme auf den Umstand, daß Wert und Werten dem menschlichen Verhalten., ein- ‘ geboren sind. Daß Preis und Wert nicht identisch' sind, ist unbestritten. Die Multiplikatortheorie stammt nicht von Kaan (S. 201), sondern von Kahn, und der Multiplikator ist nicht eine „Initialzündung", sondern zeigt die Wirkung einer solchen bei bestimmten Bedingungen an.

Was die Steuertheorie des Autors betrifft, sind seine Thesen seit dem Aufbruch des Poujadismus nicht unbekannt. Der Verfasser schlägt eine Besteuerung an den Energiequellen vor (das heißt bei den Produktionselementen), eine Forderung, die sicher sehr publikumswirksam ist. Der Besteuerungseffekt Idie Deckung der Budgeterfordernisse etwa) müßte freilich der gleiche sein. Nur würden nach dem Vorschlag des Verfassers eben andere Pflichtige die Steuern tragen müssen. Daß der Staat, wenn die Vorschläge des Verfassers sich durchsetzten, nicht mehr in der Lage wäre, sich bei schlechten Geschäften der Pflichtigen zu beteiligen, läßt darauf schließen, daß der Autor übersieht: Gewinnabhängige Steuern, die ja besonders hart empfunden werden, können nur vom Gewinn, nicht aber vom Verlust eingehoben werden. Daher würde eine Steuerreform bei den Gewinnsteuern kaum eine Aenderung bringen, es sei denn, man überwälzt alles auf die direkten (unsozialen) Steuern. Eine „Einklassengesellschaft“ ist begrifflich nicht möglich, da „Klasse“ das Bestehen einer anderen Klasse voraussetzt (ebenso ist ja ein „Einparteienstaat“ eine contradictio in adjecto).

Bei aller Achtung vor dem immensen Wissen des Verfassers und seinen wirtschaftstheoretischen Kenntnissen muß man doch gegen seine Versuche der Einverleibung der ökonomischen Fakten in eine Energietheorie Bedenken anmelden: Die Wirtschaft hat eine andere Gesetzlichkeit, als sie die Technik vörfindet.

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