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Wer ist wer?
BEITRÄGE ZUR ANALYSE DER DEUTSCHEN OBERSCHICHT. Bearbeitet und heraui- gegeben von Wolfgang Zapf In der Reihe ,«Studien zur Soziologie“ (Herausgeber Ralf Dahrendorf). R.-Piper-&-Co.-Verlag, München.
BEITRÄGE ZUR ANALYSE DER DEUTSCHEN OBERSCHICHT. Bearbeitet und heraui- gegeben von Wolfgang Zapf In der Reihe ,«Studien zur Soziologie“ (Herausgeber Ralf Dahrendorf). R.-Piper-&-Co.-Verlag, München.
Auf die zunehmende Mathemati- sierung der Sozialwissenschaften hat erst kürzlich in Wien Professor Morgenstern hingewiesen. Man mag dazu stehen, wie man will, vor allem unter dem Einfluß Amerikas ist diese Tendenz ein Faktum. Der Rezensent allerdings kann sich eines leichten Unbehagens nicht erwehren, wenn er bedenkt, wie da der Mensch zum „Fütterungsmaterial“ für Computer gemacht und schließlich schematisiert wird.
Das vorliegende Buch ist ein Beweis dafür. Es hat die soziologische Analyse der deutschen Oberschicht — es sei gestattet, gegenüber dem Wort „Elite“ einen Horror zu empfinden — zum Inhalt und untersucht die Gruppen der Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Delegierten der ostdeutschen Volkskammer, der Bonner Exekutive, der höheren Beamtenschaft, der deutschen Bundesrichter, der Generale in den beiden Teilen Deutschlands und der deutschen Manager. Es ist gewiß eine fleißige Arbeit aus der Schule des in kurzer Zeit wegen seiner eigenwilligen Gedanken bekanntgewordenen deutschen Soziologen Ralf Dahrendorf.
Der Herausgeber meint in einer einleitenden Betrachtung über „Empirische Elitestudien“ selbst, daß informierte Journalisten bessere Bücher über Führungsgruppen zu schreiben vermögen als Soziologen. Nur müsse festgehalten werden, daß selbst aufregende Informationen von sich aus nichts erklären. Das rechtfertige die Durchführung von Hintergrundstudien.
Die Studienergebnisse bestätigen eigentlich das, was man entweder wußte oder gefühlsmäßig ahnte: daß sich nämlich die Führungsgruppen in Westdeutschland — wie wahrscheinlich auch die in den meisten anderen Demokratien mit gleichartiger wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung — überproportional aus dem „Bürgertum“ und seinen Nach- folgesohichten rekrutieren, daß andere Gesellschaftsschichten hingegen nur einen schmalen, direkten Zugang zu den Führungsgruppen haben. Das ist ja auch durch viele außerwissenschaftliche und private Erfahrungen erhärtet.
So nützlich und notwendig solche Studien sein mögen, man sollte doch im Interesse der Seriosität und des guten Geschmacks Sätze wie jenen vermeiden, daß „die Regierung Erhard mit 53,7 Jahren um durchschnittlich fast fünf Jahre jünger ist als das erste Kabinett Adenauer.“ Oder: An anderer Stelle wird von einer „Auswertung der Volkskammerdelegierten“ gesprochen. Eine Studie, die wissenschaftlich emstgenommen werden will, dürfte unter den Referenzunterlagen wohl nicht Artikel aus dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ anführen. Mit einer Untersuchung des Sozialprofils haben auch subjektiv wertende Feststellungen wenig zu tun, wie etwa jene im Schlußkapitel, daß die Machtausübung der Wirtschaftsmanager nach Kontrolle durch die an der politischen Willensbildung beteiligten Gruppen verlange. Das ist eher Leitartikelstil.
Ein Ketzergedanke zum Schluß: Ist diese Art von Soziologie eigentlich — schon oder noch — Wissenschaft?
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