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„Es ist ein liebevoller, feministischhistorischer Blick auf die Frauen einer Großstadt, deren Geschichte dem Vergessen zu entreißen war” - so formuliert es Eva Geber, eine der drei Herausgeberinnen des Wiener Stadtbuches „Die Frauen Wiens”. Das Buch ist eine Chronik, die Frauengeschichte und Frauengeschichten aus verschiedenen Jahrhunderten erzählt. Kurioses und Persönliches läßt sich darin ebenso finden wie Zeit- und Kunstgeschichtliches.

Entstanden ist das Buch aus dem Engagement einer Handvoll feministisch engagierter Frauen aus dem Umkreis der Zeitschrift AUF. Das Buch ermöglicht es - auch im geographischen Sinn - auf den Spuren außergewöhnlicher Wiener Frauen zu wandeln.

Da ist zum Beispiel Lina Loos, die Schauspielerin und Autorin, die ursprünglich Caroline Obertimpfler hieß. Bis zu ihrer Verheiratung mit dem Architekten Adolf Loos. „Dein unfehlbarer Geschmack, Deine visionäre Sicherheit in der Beurtheilung haben mich von vielen Zweifeln erlöst und mich und mein Werk erst lebensfähig gemacht.”, so schrieb Loos 1904 an seine Frau. Kurz darauf erfolgte die Scheidung. Lina Loos überließ ihrem Ex-Mann die gemeinsame Wohnung in der Bösendorferstraße. Sie selbst verbrachte ihre letzten Lebensjahre in Sievering.

Ihr Grabstein auf dem dortigen Friedhof ist dermaßen verwittert, daß ihr Name nicht mehr zu entziffern ist. Nur wer weiß, daß ihre Freundin Leopoldine Rüther im selben Grab wie sie bestattet ist, findet die richtige Stelle.

Von Hamann bis Freud

Ein anderes Frauenschicksal ist das der Romanistin Elise Richter. Sie war die erste Frau, die an einer österreichischen Universität promovierte und in der Folge die erste Universitätsdozentin in Osterreich. Gestorben ist sie 1943 im KZ Theresienstadt.

Ihre Lebensgeschichte läßt sich in dem Kapitel Lea, Sara, Rebecca nachlesen, das die Schicksale jüdischer Frauen in den letzten vier Jahrhunderten behandelt. Wer weiß schon, daß es eine Jüdin (Fanny Arnstein) und eine Protestantin (Henriette von Nassau) waren, die den heute so katholischen Weihnachtsbaum in Wien einführten?

Welche akribische Forschungstätigkeit der Autorinnen hinter den einzelnen Kapiteln stecken mag, läßt sich unschwer erraten. Die Historikerin Brigitte Hamann hat ebenso ihren Beitrag dazu geleistet wie Sophie Freud, die Enkelin Sigmund Freuds.

Insgesamt haben 38 Fachfrauen aus den verschiedensten Bereichen (Architektur, Theologie, Philosophie und so weiter) über die Frauen Wiens geschrieben.

Rekonstruierte Alltagsgeschichten und scheinbar Nebensächliches ebenso wie gesellschaftliche und historische Entwicklungen.

Wobei Eva Geber bestätigt, daß über einzelne, herausragende Frauen immer schon verhältnismäßig viel bekannt war. Aber über das Gros der Frauen, auch über Künstlerinnen, die seinerzeit einen gewissen Ruf hatten, wissen wir aber heute kaum etwas.

„Die Frauen von Wien waren immer schon sehr rege, auch im öffentlichen Leben. Das ist den Chronisten unangenehm aufgefallen”, berichtet Eva Geber. Eigentlich ein Glück, sonst wüßten wir heute gar nichts darüber. Sie selbst gehe jetzt mit einem anderen Gefühl durch Wien: „Mir ist jetzt klarer, wie viele Frauen da mitgemischt haben, in der Entwicklung der Stadt.”

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