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JEAN JULIET / GENANNT HANS MOSER

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Es ist nicht häufig, daß in einer Großstadt beim Tode eines Schauspielers so gut wie alle großen Bühnen Trauer flaggen müssen. Es hat zu Hans Moser gehört, daß er in Wiens Opern- und Operettenhäusern ebenso zu Hause war wie in den Schauspielhäusern. Man müßte freilich auch im Prater flaggen wie an längst verdorbenen und gestorbenen Kabaretts, Varietes und Zirkussen, an den Filmstätten in Wien, Berlin und München, jasogar am Broadway, wo Hans Moser vor Jahren einmal eine Doppelrolle in Max Reinhardts, pardon: Shakespeares „Sommernachtstraum“ spielte.

Zum Weltstar freilich fehlte ihm, gottlob, so gut wie alles. Obwohl in erstaunlich vielen Stilen und Rollenfächern heimisch, bei Raimund und Nestroy, Schnitzlers „Liebelei“ und Molnärs „Li-liom“, aber auch in den ,,3.-Akt-Rollen“ des Frosch der „Fledermaus“, des Benitschek der „Gräfin Mariza“ und des Billeteurs im „Orlow“, ist er Wiens bestes Stück geblieben, durch weit über hundert Filmrollen (ab 1921: „Kleider machen Leute“ bis 1964: „Das hab' ich von Papa gelernt“) allerdings im ganzen deutschen Sprachgebiet und dem von alten Zeiten her noch mit geheimnisvollen Fäden an Wien hängenden Südosteuropa populär gewesen.

Zur maßlosen Überraschung der Millionen Freunde seiner Art, erfuhren sie erst nach seinem Tode, daß „Hans Moser“ ein Künstlername war. Richtig hieß der in Wien-Margareten am 6. August 1880 geborene Sohn eines ungarischen Malers und einer Wiener Mutter Jean Ju-liet. Es mutet wie ein Vorgriff auf seine tief im Wienerischen wurzelnde Kunst an, wenn der siebzehnjährige, absolvierte Handelsschüler, Lehrling und Schauspielschüler das spaßige „Musjöh Schan“, wie man ihn nannte, in „Moser Hans“ umbastelte. Es paßte dazu, daß er den ersten Weltkrieg im Wiener Hausregiment verbrachte (von besonderen Ruhmestaten hat die Chronik nichts zu melden). Auf Brettln und Schmieren in Wien und der Provinz wächst dann langsam „der Moser“ heran; erst der brillante Improvisator in Sketchs und Soloszenen: „Der Dienstmann“ (eine Wiener Chaplinfigur!) mit dem tückischen Koffer, den man nur mit bestimmten Kunstgriffen „nehmen“ kann, der kleine Mann, dem „der Doktor Lueger die Hand gereicht hat“, und der Feuerwehrmann, dem man, weil die Leiter zu kurz ist, das Feuer vom vierten in den dritten Stock herunterbringen muß.

Mosers große Zeit beginnt verhältnismäßig spät, in den dreißiger Jahren. Sie gipfelt äußerlich in einer eigentümlichen, schlack-sigen Art, sich umzudrehen, die einem Sindelar-Torschuß glich, in seiner dutzendemal nachgeahmten, ganz unwienerisch „nuscheln“ genannten, zerhackten Sprechart und in vielen Ehrungen nach dem zweiten Weltkrieg, dem Ehrenring der Stadt Wien, der Kainz-Medaille und dem völlig unmoser-schen Titel „Kammerschauspieler“; tief drinnen aber, in einer letzten Reifung und Formung jeder kleinsten Rolle, in immensem Fleiß und der großen Arbeits- und Spieldisziplin auch noch des Achtzigjährigen und in der melancholisch-humorvollen Apotheose des rapid aussterbenden Wiener Kleinbürgers, dessen Grant samt dem sagenhaft „goldenen Herzen“ er auf der Pawlatschen und im Burgtheater, in der „Hohen Schule“ und den „Wiener G'schichten“ des Films hoffähig gemacht hat.

Noch eines sei Hans Moser unvergessen: die feste Treue, mit der er in bitteren Jahren zu seiner nach den Nürnberger Gesetzen „nicht tragbaren“ Frau gestanden ist (nicht jeder hielt's so rein).

Wenn diese Frau in diesen Tagen an sein Grab tritt, ist sie nicht allein und nicht bloß traurig, sondern Wien und Österreich sind mit ihr und „lächeln unter Tränen“, wovon schon Homer gewußt hat. r. h.auf Grund der Volkszählung 1961 nach der altersmäßigen Bevölkerungsstruktur erwähnt wurden, kann man feststellen, daß in der Zeit von ungefähr 1949 bis 1951, also vor mehr als zehn Jahren, ein österreichischer Knabe bei der Geburt eine mittlere Lebenserwartung von 61,9 Jahren zu erhoffen hatte. Für ein Mädchen betrug dieser Wert bei der Geburt 67,0 Jahre. Für die Jahre 1901 bis 1905 betrugen diese Werte für den Knaben 39,1 Jahre und für ein Mädchen 41,1 Jahre. (Für den erwähnten Zeitraum liegt der Errechnung der mittleren Lebenserwartung der Gebietsstand vor dem ersten Weltkrieg zugrunde.)

Bei einem auch nur oberflächlichen Vergleich fällt auf, daß zu allen drei Zeitabschnitten das weibliche Geschlecht bei der Geburt eine durchwegs höhere Lebenserwartung als das männliche aufweist. Wenn man für beide Geschlechter die mittlere Lebenserwartung bei der Geburt im ersten Zeitabschnitt gleich 100 setzt, kann man in der folgenden Übersicht die jeweilige Erhöhung der mittleren Lebenserwartung leicht ablesen.

Eine gleichartige Übersicht über die „Fünfundsechziger“ wäre interessant. Da aber für die beiden ersten Zeitperioden 1901 bis 1905 und 1949 bis 1951 die Daten nur in Altersschichtungen von 10 zu 10 Jahren ersichtlich sind, soll der folgende Vergleich für jene Personen angestellt werden, die das 60. Lebensjähr bereits vollendet haben; die Zeitabschnitte bleiben die gleichen, männliches Geschlecht 100 118 120 weibliches Geschlecht 100 132 143

Die markantere Differenzierung der mittleren Lebenserwartung bei der Geburt eines Kindes1 in den beiden Zeitabschnitten 1901 bis 1905 gegenüber 1949 bis 1951 zeigt sehr deutlich die großen Fortschritte der medizinischen Wissenschaft und ihrer Einrichtungen. So war um die Jahrhundertwende die „Hausgeburt“ mit allen damit verbundenen Gefahren insbesonders in ländlichen Gebieten die Regel. Heute ist die Anstaltsgeburt im städtischen Bereich geradezu Selbstverständlichkeit. Aber auchM die ländliche Bevölkerung macht davon immer mehr Gebrauch.

Zur Frage, wie es mit der mittleren Lebenserwartung in anderen Staaten im Vergleich zu Österreich steht, seien auf Grund des eingangs genannten „Demographischen Jahrbuches der Vereinten Nationen“ einige Daten daraus angeführt.

An der Spitze der Tabelle stehen für das männliche Geschlecht im europäischen Raum mit der höchsten mittleren Lebenserwartung die Niederländer mit 71,40 Jahren. Ihnen folgen an zweiter Stelle mit 71,24 die Schweden und an dritter Stelle mit 71,11 die Norweger. Am Ende der Übersicht rangieren die Spanier mit 58,76, die Portugiesen mit 59,80 und die Jugoslawen mit 61,61 Jahren. Beim weiblichen Geschlecht haben im europäischen Raum die Schwedinnen mit 74,92 Jahren die höchste mittlere Lebenserwartung. An zweiter Stelle mit 74,80 liegen die Niederländerinnen und die Französinnen mit 74,50 an dritter Stelle. Am Ende der Werttabelle rangiert die Spanierin mit 63,50 Jahren, die Portugiesin mit 65,00, und mit 64,44 die Jugoslawin.

Alle Werte für beide Geschlechter außerhalb Österreichs gelten ab dem Zeitpunkt der Geburt.

Es ist also auch statistisch erwiesen, daß wir heute eine ungleich höhere Lebenserwartung haben als vor Dezennien. Dieser längere Lebensabend stellt Staat und Gesellschaft vor neue Probleme.

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