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Für de Gaulle — gegen Ostkontakte?

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Der erste Stoß richtete sich gegen Außenminister Schröder, galt aber in Wirklichkeit der außenpolitischen Konzeption Erhards. Er ging von den beiden Parteivorsitzenden Adenauer und Strauß aus, die nur ungern die aus dem Wahlergebnis hervorgehende Tatsache akzeptiert hatten, daß Erhard weiter Kanzler bleibe. Um so fester wollen sie ihn auf die von ihnen vertretene Richtung einer Ausgestaltung der Beziehungen zu Frankreich unter gleichzeitigem Verzicht auf jede Art von Ostkontakten festlegen. Dieser Angriff scheiterte an seiner Konzeptionslosigkeit, obwohl es den Parteivorsitzenden zeitweise gelang, erhebliche Kräfte zu mobilisieren. Wer, wie diese Gruppe für de Gaulle, für eine Europapolitik und gegen Ostkontakte ist, steht mit seinen Vorstellungen jenseits der realen Wirklichkeit, in der niemand so energisch gegen eine bestimmte Europapolitik agitiert wie de Gaulle und gleichzeitig so enge Ostkontakte betreibt wie dieser. Der allzu bedenkenlos vorgetragene Angriff, der sich gegen Schröders überlegene Darlegung der außenpolitischen Situation rasch ad absurdum geführt sah, brachte schließlich die Angreifer in eine Isolierung, so daß sie für kurze Zeit jeden Einfluß verloren. Insbesondere Adenauers Interview, in dem er von einer durch Schröder verschuldeten Einkreisung Deutschlands durch Frankreich und Rußland sprach, wobei auch der Besuch Mali-nowskis bei den Manövern des österreichischen Bundesheeres Erwähnung fand, nahm dem Parteivorsitzenden viel Glaubwürdigkeit.

Der aufgewertete Mende

Einen Augenblick schien es, als würde Erhard durch das taktische Ungeschick seiner Gegner Gelegenheit erhalten, ein Kabinett nach seinen Vorstellungen zu bilden. Die Drohung, mit der Franz Joseph Strauß seine gegen Schröder und Mende gerichtete Politik erzwingen wollte, daß sich nämlich die CSU als eigene Fraktion konstituieren wolle, erwies sich als stumpfe Waffe, die Strauß viele Sympathien in der CDU kostete. Damit wäre nämlich die SPD automatisch zur stärksten Partei geworden. Das heißt, die Regierungsbildung wäre zunächst ihr zugefallen. Insbesondere wäre der CDU das Präsidium des Bundestages entgangen.

Konnte Erhard Strauß gegenüber also hart auftreten, so verlor er jeden Rückhalt, als er von seiner Partei gezwungen wurde, gegen die FDP aufzutreten und Erich Mende das gesamtdeutsche Ministerium zu nehmen. Daß sich die Frage der Besetzung des gesamtdeutschen Ministeriums zu einer Koalitionsfrage aus-wuchs, verdankte Erhard dem taktischen Ungeschick von Franz Joseph Strauß, der Mende aus persönlichen Gründen nicht im gesamtdeutschen Ministerium haben wollte. Die CDU wollte ihn aus diesem Ministerium haben, um dem Vorwurf zu begegnen, sie interessiere sich nicht füi gesamtdeutsche Fragen. Strauß tal sn, als vertrete Mende hier eine gefährliche Politik, wodurch er die an sich wenig erfolgreiche Politik Men-des erheblich aufwertete. Die FDP drehte auch prompt den Spieß um nahm Strauß beim Wort und machte aus der Frage, ob Mendes Deutschlandpolitik fortgesetzt werden sollte eine Koalitionsfrage. Darüber geriet die ganze Regierungsbildung ins Wanken, weil Erhard sich aus gans anderen Gründen vor der CDU zui Ablösung von Mende von diesen Ministerium festgelegt hatte. Um dei auftauchenden Gefahr einer Minder-heitenregierung zu begegnen, wai Erhard gezwungen nachzugeben.

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