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Mende und seine Mannschaft

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Wenn es auch keineswegs ausgemacht ist, wie hoch heute die sogenannte Dritte Kraft im Kurs der deutschen Wähler steht: Das traditionelle Dreikönigstreffen der Freien Demokraten in Stuttgart zeigte die Partei in wohliger Zufriedenheit mit sich selbst. Wer von früher her die von der Regie nur mühsam gebändigten Flügelkämpfe kennt, in der die Einheit dieser Partei nicht selten nicht mehr ab ein etwas krampfhaft festgehaltenes Ideal zu sein schien, der wird das neue Klima selbst dann zu schätzen wissen, wenn er den Betrieb als etwas zu selbstsicher empfand. Händedrückend, jovial druckreife Aussprüche von sich gebend, strömte Parteivorsitzender Erich Mende zu viel Selbstsicherheit aus, um die Unsicherheit ganz zu verdecken.

Ein ..Hundertmeterläufer“ nach hartem Kampf

Der Parteitag verriet, was viele wissen: Der Pulsschlag Mendes und der seiner Partei ist nicht der des leichten Siegers, sondern der eines Hundertmeterläufers nach hartem

Kampf. Neben der fast vollzählig erschienenen Garnitur der jungen Bundesminister erinnerte Erich Mendes ministerliche Abstinenz allein an die harten Kämpfe, die der Regierungskoalition mit der CDU/CSU vorangegangen waren. Seit Jahren von inneren Kämpfen zerrissen, krankte die FDP, wie alle kleineren Parteien in Deutschland, am ständigen Wählerschwund, als ihr in den Bundestagswahlen 1961 überraschend ein breiter Einbruch in die Reihen der CDU-Wähler gelang. Mit der bisher stärksten Fraktion seit 1949 zog die FDP in den neuen Bundestag ein. Sie hatte auch, was noch schwerer wog, die absolute Mehrheit der CDU/CSU gebrochen. Das war ihr freilich nicht auf Grund eigener Verdienste geglückt. Ihr Stimmengewinn an CDU-Stimmen kam vielmehr von der auch von Mende im Wahlkampf vertretenen Ansicht, die FDP werde dem CDU-Wirtschaftsminister Prof. Ludwig Erhard auf den Kanzlerstuhl verhelfen. Daß dies trotz intensiver Bemühungen Mendes nicht gelang, ist weniger seine als die Schuld Erhards, der sich nach einigem Hin und Her doch nicht entschließen konnte, die Nachfolge Adenauers anzutreten. So ist von Erich Mendes siegreicher Wahlparole, „Keine Koalition mit der SPD, aber auch keine mit Konrad Adenauer“, nur der erste Teil erfüllt worden. In siebenwöchigen Verhandlungen trotzte Mende dem „Alten“ eine Koalitionsvereinbarung ab, die Adenauer als ein schlechtes, ein FDP-Papier, Erich Mende aber als die Grundlage der künftigen Regierung bezeichnete und von dem Verfassungsrechtler der Überzeugung sind, daß es im Fall einer Verfassungsklage kaum über die Runden des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe käme. Wäre es dieses Papier allein, was Erich Mende gegen Adenauers seit 1949 virtuos geübte Regierungspraxis einzusetzen hätte, die Existenz der mit ihm verbündeten Parteien durch Spaltung zu bedrohen, man möchte dem Unternehmen kaum einen guten Ausgang voraussagen.

Das Bündnis CDU/CSU/FDP des Jahres 1961 enthält aber doch einige Momente, die es sehr wesentlich von dem verhängnisvollen von 1953 unterscheiden, das der FDP fast die Existenz gekostet hätte. 1956, ein Jahr vor der Wahl, war es Adenauer gelungen, die meisten FDP-Minister von ihrer Partei zu spalten. Daher waren die Bedenken vieler FDP-Politiker gegen diese neue Koalition groß. Sie sind, auch wenn das in Stuttgart nicht in Erscheinung trat, auch heute noch nicht ganz überwunden.

Würdige Ordinarien und junge Dozenten

Was auch immer an dem Dreikönigstreffen in Stuttgart verkrampft oder unecht gewirkt haben mag, eines zeigt sich ganz deutlich: Es ist der FDP noch überzeugender und reibungsloser gelungen als der SPD, die Generationenfrage zu lösen. Sowohl Erich Mende selbst, wie insbesondere der neue, vorher so gut wie unbekannte Bundesfinanzminister Starke zeigten sich neben dem württembergischen Justizminister und Landesvorsitzenden Wolfgang Haußmann als unangefochtene, von der älteren Generation wiit strahlendem Wohlwollen betrachtete Führungskräfte. Das bedeutete gegenüber einer Partei viel, die, wie die CDU, das Generationenproblem bisher kaum beachtet hat und deren profilierteste Vertreter der jungen Generation Strauß und Schröder mit ausgesprochenem Mißtrauen be-

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