6779789-1969_38_04.jpg
Digital In Arbeit

Gegen verzopfte Parteistrategie

Werbung
Werbung
Werbung

Wahlkämpfe stehen vor der Tür und die politischen Parteien unternehmen alles, um ihren Apparat „auf Vordermann” zu bringen. Dementsprechend stark war auch das Interesse, welches man in der österreichischen Volkspartei dem neunten Bundestag ihrer Nadiwuchsoigani- sation entgegenbrachte.

Generalsekretär Dr. Withalm war mit Stellvertreter Pisa erschienen; im Gefolge ÖJG-Manm Minister Doktor Mock, der als jüngster Minister der Zweiten Republik bei einer derartigen Veranstaltung nicht fehlen durfte, und Nö-Wahlkämpfer Minister Dr. Prader. Hausherr war Wiens Landespartaiabmann Dr. Bauer.

Ganz auf Wahlkampf abgestimmt waren auch die Begrüßungsansprachen der Vertreter der Parteiobrigkeit. Man malte den „roten Teufel” an die Wand, was aber besonders die jüngeren Delegierten eher gelangweilt zur Kenntnis nahmen. Auch in der Partei jug end dürfte es für ein Engagement andere Gründe geben als ideologische Differenzen. Doktor Mock paßite sich an und legte einen Jargon vor, der schon besser bei der jungen Parteigarde ankam. Er sprach von der „Formung der Gesellschaft” und wies in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit hin, „neue Akzente” zu setzien.

Erfreulich unkonventionell drückte sich auch die Vertreterin der Frauenbewegung (ÖFB), Dr. Hubi- nek, aus. Sie rügte, daß ÖJB wie ÖFB keine Bünde der Partei, sondern nur „dazugehörige Organisationen” seien, was sich besonders bei der Kandidatenauslese zeige: „Die Verantwortlichen müßten Maßnahmen ergreifen, denn die Jugend braucht Realitäten und keine symbo- schen Maßnahmen.

Satte und Kritische

„Im Wohlstand kritisch” — war die Parole dieses Bundestages, und wenn man die Delegierten genauer betrachtete, so stieß man auf zwei Gruppen: diie vom Wohlstand Gezeichneten und die Kritischen. V/ährend zur ersten Gruppe hauptsächlich die „älteren” Semester (um Dreißig) mit Funktion im Parteiapparat gehören, kann man zur letzteren vornehmlich Studenten und jün gere Akademiker zählen, die durch fundierte, wenn auch nicht immer von langer Hand vorbereitete, und durch mit starker Aussagekraft behaftete Diskussionsbeiträge auffielen (so der Sohn des Tiroler Landeshauptmannes, Bruno Wallnöfer). Regional gesehen, kommen die meisten „Rebellen” — wie könnte es anders sein — aus der Steiermark.

Obmann ohne Mandat

ÖJB-Bundesobmann DDr. König (36) fand es bemerkenswert, daß man im letzten Jahr in einigen Bundesländern neue, verjüngte, Vorstände installiert habe. Bezugnehmend aui das zur Zeit in Ausarbeitung befindliche Bildungskonzept verlangte er, nicht nur Wissen von heute an Stelle eines Lehrstoffes für morgen zu übermitteln. Weiters forderte er „Aufgeschlossenheit für Veränderungen”, „Anerkennung der Leistung, einer Leistung, die nicht durch überhöhte Steuern behindert werden darf”.

König mußte sich von einem Delegierten vorwerfen lassen, er sei der „Nestor” der ÖJB und mit seinen 36 Jahren ein Paradebeispiel für einen „Berufsjugendlichen”. Er muß nach dieser Legislaturperiode wegen Erreichung der Altersgrenze ausscheiden und hat bisher vergeblich versucht, ein Abgeordnetenmandat zu erhalten.

Der Bundestag war einerseits Schauplatz von Monsterdiskussionen, anderseits wurden aber auch interessante Vorschläge unterbreitet. Kenner der ÖVP-Intema geben der Realisierung dieser Vorschläge keine wie immer geartete Chance.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung