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Weltraum und Propaganda

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Die Astronomen aller Welt sind in der „International Astronomical Union“ (IAU) zusammehgefaßt. Ihre Generalversammlungen finden alle drei Jahre statt, jeweils in einem anderen Land (z. B. 1952 Rom, 195 5 Dublin, 1958 Moskau, 1961 San Francisco, 1964 Hamburg). Bei ihrer letzten Tagung im August dieses Jahres wurden von den etwa 800 anwesenden Fachleuten aus allen Kulturländern zwei Resolutionen einstimmig angenommen, deren erste nachstehend wiedergegeben ist:

„Bei sorgfältiger Betrachtung der großen Gefahr, daß zukünftige Weltraumprojekte die astronomischen Beobachtungen sowohl im visuellen als im Radiobereich ernstlich stören könnten,

und im Glauben, daß ein bestimmter Grad von Verunreinigung des Weltraumes gegenwärtig nur schwer zu entdecken wäre, der aber, wenn er langlebig sein sollte, für zukünftige Beobachtungen mit verbesserten Verfahren verheerend sein würde,

und in der Meinung, daß keine Gruppe (Staat oder ähnliches) das Recht hat, die Umgebung der Erde wesentlich zu verändern ohne ausführliches internationales Studium und Übereinkommen,

warnt die IAU ausdrücklich vor den schweren moralischen und materiellen Folgen, die aus einer Mißachtung des zukünftigen astronomischen Fortschritts entstehen könnten,

und appelliert an alle Regierungen, die sich mit Weltraumexperi- menten, welche sich möglicherweise auf die astronomische Forschung auswirken, befassen, sich mit der IAU zu beraten, bevor sie solche Experimente unternehmen, oder von einem Beschluß Abstand zu nehmen, bis es außer Zweifel steht, daß i der astronomischen Forschung kein I Schädtf zugefügt wird.“

1 Anfang - Oktober fand eine Tagung des „International Council of Scientific Unions“in London statt. Dies ist die Dachorganisation all der verschiedenen einzelnen Unionen für Astro nomie, Physik, Geophysik, Biologie und so weiter. Bei dieser Tagung wurde obenstehende Resolution vollinhaltlich übernommen. Wir haben also eine ausdrückliche Warnung der gegenwärtigen höchsten wissenschaftlichen Gremien vor der Durchführung von gewissen Raketenexperimenten, wobei auch betont wurde, daß nicht nur die Astronomie, sondern auch die Geophysik, Biologie usw. die angedeuteten Gefahren sehen.

Was steckt hinter dem ganzen? Weshalb hat man von diesen Beschlüssen in der Presse und sonstigen Nachrichtendiensten praktisch gar nichts erfahren? Zur Beantwortung dieser Fragen muß etwas weiter ausgeholt werden.

Presse und Illustrierte, Rundfunk und Fernsehen sind die Mittel, durch die heute die Meinung der breiten Massen geformt wird. Daß sie in den Diktaturen straff geleitet werden, weiß jeder. Sind sie aber in der freien Welt wirklich frei? Können sie über Fragen der Raketentechnik objektiv berichten? Unterliegen die Redaktionen nicht oft selbst einer Propaganda, die im Hintergrund von politischen oder Wirtschaftlichen Kräften gesteuert wird?

Ein krasses Beispiel dazu bot in den Jahren 1952 bis 1954 der von USA ausgehende Rummel um die „fliegenden Untertassen“. Millionen Menschen sind auf Hunderte von unsinnigen Meldungen hereingefallen. Man sprach von Begegnungen mit Lebewesen, die vom Mars oder der Venus gekommen sind und anderės mehr. Vergeblich haben sich die führenden Männer der Astronomie dagegen gewehrt. Die gesteuerte Sensationsmache war stärker — bis in der dritten Dezemberwoche 1954 der Unfug mit einem Schlag beendet wurde.

Man darf der Presse deshalb nicht allzu starke Vorwürfe machen. Einmal lebt ją jede Redaktion unter Zeitdruck. Äußerst selten fragt man ein- pjal cįąen .Fachmann. Die Konkurrenz der Sensationsblätter nötigt auch seriöse Zeitungen zu Konzessionen. Die Presse ist angewiesen auf das Material, das ihr von den großer Agenturen zugeleitet wird.

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