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Männer, Manager, „Mäzene“

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Das Konversationslexikon jüngsten Datums beschreibt den Manager als einen Unternehmer, der, ohne Miteigentum an den von ihm geführten Unternehmen zu besitzen, von den Kapitalseigentümern zur Ausübung unternehmerischer Funktionen bestellt wird, Hierbei mag als neu gelten, daß Eigentum,-, n4 s fi phą£tsfųh ig ? Radikal getrennt sind. Wesentlich ist weiter, daß der Einfluß des Eigentümers auf die Geschäftsführung durch die Machtfülle des Managers weitestgehend eingeschränkt wird. In den USA stellt diese Erscheinung im technisierten Leben eine Notwendigkeit dar, bedingt jedoch, daß diese Männer ihre Funktionen im Leben der Allgemeinheit klar erkannt haben.

Man kann heute auch bei uns Manager treffen. Freilich — es mag eine Eigenart unseres Landes sein — trifft man sie weniger in der Wirtschaft als in jenen Zonen unseres täglichen Lebens, die in Österreich — zumindest nach außen — größere

Wichtigkeit besitzen. Sie stellen aber auch nicht ganz jenen Managertypus dar, den das Konversationslexikon beschreibt, sondern müßten eher als „Unternehmungs-Kapitäne“ bezeichnet werden. Denn dank ihrer Stellung, die sie sich errungen haben, glauben sie, größere oder kleinere Diktatoren zu sein, wobei vielfach Spuren der Ähnlichkeit in der Vergangenheit gefunden werden könnten. Wichtig nehmen sie nur sich selbst. Sie glauben ebenso, die Meinung des anderen ablehnen zu müssen, wie sie diese in den meisten Fällen gar nicht interessiert. Dabei kann nicht geleugnet werden, daß ihr Gehaben vielfach recht eindrucksvoll ist, daß sie noch bedeutende Handlungen zu setzen imstande sind, wenn sich auch vielfach später herausstellt, daß beides mehr oder weniger nichts anderes als ein Bluff ist. Da sie aber mit aalglatter Gewandtheit ihre Tätigkeitsgebiete zu wechseln verstehen, ist ihnen schwer beizukommen.

Diese Typen finden sich nun interessanterweise bei uns besonders in der Politik, in der Kunst und im Sport.

Unheilige Dreifaltigkeit

In der heutigen politischen Arena sich zu tummeln, ist gerade für Menschen'dieser Alt kein Kunststück. Es ist eine Besonderheit unserer Demokratie, daß die anscheinend keinfc Zėit findet, jene Menschen für die politische Laufbahn auszusuchen, die sie so notwendig brauchen würde: ehrliche, charaktervolle und kenntnisreiche Männer. Weil wir ein Proporzsystem haben, das bis in die entferntesten Ganglien des öffentlichen Lebens reicht, sind natürlich Menschen viel bequemer, die die obigen Eigenschaften nicht haben oder sie zumindest nicht zeigen. Sie können besser dirigiert werden, bis sie — sich selbst hinaufgeturnt haben und skrupellos ihre eigenen Lehrmeister abschießen. So kommt es, daß in Österreich eine verhältnismäßig kleine Gruppe von politischen Managern regiert, an denen jede Kritik der öffentlichen Meinung abprallt, solange eine bestimmte Konstellation herrscht. Ist diese nicht mehr da, werden an dem abrutschenden Politiker Fehler und Mängel entdeckt, die entweder gar nicht neu oder aufgebauscht worden sind.

Nun gibt es natürlich mehr so ambitionsreiche Persönlichkeiten, als in der Politik Möglichkeiten vorhanden sind. Diese wenden sich dann entweder der Kunst oder dem Sport zu. In der Kunst kann sich jeder so recht nach Herzenslust austoben, stellt dieses Gebiet doch jenes Betätigungsfeld für arrivierte Wirtschaftler dar, denen es ein Anliegen bedeutet, ihr Dasein ein wenig zu vergolden. Sie aber sind nicht jene „Fachleute“, die ihr Wissen um die Moderne aus der Mitarbeit mit jenen Kreisen gewonnen haben, die gerade diese als entartet bezeichnet hatten. Entschieden am ärgsten sind jene Typen, die ohne Hemmungen, wie Gemüsegroßhändler, Kunst kaufen und verkaufen — ohne sie je wirklich gekannt zu haben. Sie versuchen, je nach Bedarf Künstler zu machen oder zu vernichten und haben ein Kunstbild geprägt, das in keiner Weise der Wirklichkeit entspricht. Vielfach gehen sie noch so weit, ich gar als „M äzene“ zu bezeichnen, wobei es ihrer Wesensart liegt, so wenig eigenes Geld als nur möglich selbst auszugeben, gleichzeitig aber die öffentliche Hand zu kritisieren, die heute mehr denn je gezwungen ist, Künstler zu unterstützen, da das ehrliehe Mäzenatentum fehlt. Kurz, es ist ein vergnügliches Dasein, das diese Herren führen

Über Österreichs Sport zu reden, ist immer eine heikle Angelegenheit gewesen. Tatsache ist, daß jene Sportarten in den letzten Jahren Rückschläge erlitten haben, wo Manager am Werk waren. Auch hier sind verschiedene Arten zu unterscheiden. Jene, die sich, statt wie früher einen Rennstall, nunmehr eine Fußballmannschaft „halten“, oder solche, die, finanziell saturiert, irgendwo einen Präsidentenposten erhaschen möchten, um ihrem Leben wieder Sinn zu geben. Beiden gemeinsam ist, daß sie von der von ihnen gewählten Sportart meist nichts verstehen, sich aber mit Fachleuten umgeben, die so lange in ihren Augen gut sind, als ihre Mannschaft oder ihr Team gewinnt. Denn eine eigene Męinung dürfen diese Fachleute nie haben. Hier sei besonders auf den österrei chischen Fußball verwiesen. Vor Jahren noch einer unserer größten Exportartikel, sind unsere Mannschaften heute im Ausland nur schwer ins Engagement zu bringen. Nicht zuletzt trägt dazu der Umstand bei, daß es uns gelungen ist, weder Amateure noch Professionals, sondern nur Vertragsspieler zu besitzen, was zuerst für die Sportmanager zweifellos ein Vorteil gewesen sein mochte, weil die Spieler weniger gekostet haben. Heute liegt dieser Sport darnieder — der einstmals Österreichs Stolz war! Wie anders ist die Lage beim Skisport, wo mindestens ebenso viele Abgänge wie beim Fußball waren, wo aber Fachleute immer wieder die Akteure bei ihrem Idealismus zu packen verstanden haben. Schon aber blicken die begehrlichen Manageraugen auf andere Sportarten, wie Eishockey und Tennis.

Dieser Zug zum Manager stellt eine der vielen Wunden dar, die der letzte

Krieg geschlagen hat und die nicht so rasch heilen können. Hier ist es nicht eine gesunde Entwicklung, wie etwa in den USA, wo der Manager den Fachmann fördert, hier wird der Fachmann an die Wand gedrückt und der Manager drückt unserem Leben den Stempel auf. Nicht etwa, daß zu fürchten wäre, dieser Zustand werde ewig dauern. Nichtsdestoweniger ist zu befürchten, daß wir an Terrain gegenüber anderen Ländern verlieren, weil inzwischen unsere Fachleute einfach abwandern. Es ist nicht immer das Geld, das für eine Übersiedlung in das Ausland den Ausschlag gibt, es ist auch oft das Verzweifeln daran, daß sich der Tüchtige durchsetzen werde. Denn es ist nicht jedermanns Sache, sich an einen Manager zu hängen in der vagen Hoffnung, doch einmal jenen Platz in unserer Gesellschaft einzunehmen, der ihm auf Grund seines Könnens, seines Wissens gebührte.

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