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Preisstützungen — für und wider

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Das geplante neue Landwirtschaftsgesetz sieht unter gewissen Voraussetzungen Preisstützungen vor. Den erwarteten Vorteilen stehen aber — nach ausländischen Beobachtungen — auch Nachteile gegenüber, die bei der Beurteilung der tntwürfe beachtet werden sollten.

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Das geplante neue Landwirtschaftsgesetz sieht unter gewissen Voraussetzungen Preisstützungen vor. Den erwarteten Vorteilen stehen aber — nach ausländischen Beobachtungen — auch Nachteile gegenüber, die bei der Beurteilung der tntwürfe beachtet werden sollten.

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In USA ist man bemüht, mit einem hohen Kapitalaufwand — man beziffert ihn mit rund 10 Milliarden Dollar in wenigen Jahren — die Landwirtschaft durch ein geradezu raffiniertes, elastisches System von Stützungen, Hilfen und Prämien zu fördern.

Man ist in Europa vielfach geneigt, das gleiche System — an die örtlichen Verhältnisse entsprechend angepaßt — zu verwenden. Erfahrungen aus Schweden, und in der letzten Zeit auch aus Deutschland, ermuntern viele zu dem Versuch, auch in Oesterreich die bestehende Art der Bewirtschaftung einiger Bodenerzeugnisse in einer der amerikanischen ähnlichen Art zu regeln und zu lenken.

Es erscheint daher nützlich, auch die Stimmen zu hören, die gerade in der letzten Zeit wiederholt gegen die allzu weit gehende Regelung im strengen amerikanischen Sinne vorgebracht werden und vor einer Uebernahme dieses Systems warnen.

So befürchtet man unter anderem, daß durch solche weitgehende Eingriffe an die Stelle des freien Spieles von Angebot und Nachfrage ein künstliches Gebäude geschaffen wird, das nur zu. leicht zu einer den Bedarf weit übersteigenden Erzeugung führen kann (wodurch, wie in USA, neue Stützungsmaßnahmen erforderlich werden). Auch würden dadurch lebensunfähige Betriebe, veraltete Wirtschaftsformen und überlebte Wirtschaftszweige künstlich aufrechterhalten, deren Besitzer ja durch die Stützung von der Notwendigkeit enthoben werden, sich „nach der Decke zu strecken“ und neuzeitlichere Verfahren anzuwenden. In unserer Landwirtschaft könnte solcherart die zeitgerechte Anpassung an die durch den Wettbewerb anderer Staaten bedingten höheren Anforderungen aufgehalten, zumindest verzögert und das gesunde Streben nach Verbesserungen, Ausgestaltungen und das Suchen nach neuen Wegen zum Erlahmen gebracht werden. Eine weitere Folge wäre ein Stagnieren, vielleicht sogar ein Rückgang des Anteiles der heimischen Produktion an der Bedarfsdeckung. Weiter verstärke sich damit in der Oeffentlichkeit das ohnedies weitverbreitete

Gefühl, die Landwirtschaft werde durch nicht gerechtfertigte Zuwendungen ausgehalten und stelle bei der Möglichkeit, Nahrungsmittel auch aus anderen Staaten zu beziehen, nur eine Belastung der übrigen Kreise der Volkswirtschaft dar. Die Abhängigkeit von der staatlichen Hilfe, so sagt man weiter, müsse auf die Dauer im Landwirt das Gefühl der Selbstsicherheit und der Daseinsberechtigung erschüttern, das sind aber gerade die Kräfte, die zum Wesen des Bauern gehören und ihm die Kraft geben, allen Schwierigkeiten zum Trotz auf seiner Scholle auszu-harren. ...

Tatsächlich wird durch jede Stützung, wenn sie einigermaßen in den Preisen zum Ausdruck kommt, ein Abhängigkeitsverhältnis vom Staat und von der Einstellung der politischen Parteien geschaffen. Jede Zufälligkeit in der staatlichen Verwaltung und in den gesetzgebenden Körperschaften kann über Nacht einen Wegfall der Beiträge mit sich bringen. Dadurch würden viele Landwirte in eine schwierige Lage kommen, besonders jene, die es unterlassen haben, ihren Betrieb rechtzeitig auszugestalten und leistungsfähiger zu machen. Schließlich würde der Bauer verleitet werden, nur das unmittelbar Greifbare zu sehen, das auf lange Sicht Entscheidende aus dem Gesichtsfeld zu verlieren, die Bemühungen der mit der Förderung und Hebung der Landwirtschaft befaßten Stellen außer acht zu lassen und mit Schönheitspflastern dort eine Heilung zu versuchen, wo nur ein regelrechter Gipsverband eine Heilung verspricht.

Der Nutzen, den die Stützung der Landwirtschaft den USA brachte, ist hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Man kann ihn vielleicht am besten mit dem Hinweis kennzeichnen, daß der festgestellte Einkommensrückgang um 30 Prozent innerhalb von vier Jahren jedenfalls noch größer gewesen wäre, wenn die Hilfen nicht ausgegeben worden wären.'

Dabei ist zu bedenken, daß der Farmer keine Bindungen an den Boden und an eine alterprobte Wirtschaftsführung kennt und daher gerne bereit ist, jede geforderte Umstellung — wenn sie nur Geld bringt — sogleich mitzumachen. Ganz im Gegenteil zum europäischen Bauern, der in sehr vielen Belangen mit vollem Recht z. F. an einer erprobten Fruchtfolge festhält und kaum bereit sein dürfte, Anbaubeschränkungen und. -Vorschriften zu beachten, die ihn nur zu lebhaft an die unglückseligen und verhaßten Vorschriften der Kriegswirtschaft erinnern würden.

Stützungen dürfen aber nicht verwechselt werden mit den Förderungsmaßnahmen für jene Betriebe, die schuldlos, etwa durch eine einschneidende Umschichtung der Produktionsgrundlagen, in Schwierigkeiten geraten sind. Diese Betriebe müssen nach wie vor in den Stand versetzt werden, ihre Wirtschaft so umzubauen, daß ihre Existenz wieder gesichert ist. Schließlich müssen die Stützungen der Landwirtschaft von jenen Leistungen des Bundes wohl unterschieden werden, die zur Verbilligung einzelner Nahrungsmittel ausgeworfen werden; diese werden übrigens zum Teil aus dem Ausland bezogen und sind nicht selten teurer als die heimischen.

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