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Oskar Schlemmer, Leben und Werk

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Ein Schlagwort, dessen sich die Polemik gegen die moderne Kunst bedient, ist der „Verlust des Menschenantlitzes“: ein bewegter Klageruf, der von Ortega y Gasset über Max Picard bis zu Sedlmayr immer wieder ins Treffen geführt wird. Niemand vermag diesen Vorwurf besser zu entkräften als der deutsche Maler Oskar Schlemmer, dessen Schaffen unablässig um die menschliche Gestalt als Ausdruck strenger, überlegter Formgesetzlichkeit kreist. Der Mensch im Raum ist das Grundproblem seiner Kunst und zugleich jene Ausgangssituation, von der au6 er seinem Schaffen die entscheidenden Anwendungsmöglichkeiten gewinnt: das Wandbild und das Ballett.

Es fällt schwer, den Umfang dieses reichen Lebenswerkes auch nur andeutend zu beschreiben. Schlemmer gehört zu den weniger bekannten Gestalten der Moderne, und es ist zu hoffen, daß die Monographie, die ihm nun, neun Jahre nach seinem Tode, sein i Freund Hans Hildebrandt gewidmet hat, den Rang seiner Persönlichkeit veranschaulichen und seinen schöpferischen Anteil an der Modernen Kunst klären wird. Hildebrandt breitet alle Phasen dieses reichen Werdeganges aus, der uns immer wieder an die Zentren .modernen Kunstwollens heranführt. In Stuttgart geboren, kam er an die dortige Akademie al6 Schüler Adolf Hoelzels. 1914 kam der erste Auftrag: der Wandschmuck für die Deutsche Werkbundausstellung in Köln. Nach dem Krieg wird er 1920 von Gropius an das Weimarer Bauhaus berufen. Dort trifft er auf eine Elite von europäischem Format: Kandinsky, Klee, Feininger und Moholy-Nagy. Die Bauhausjahre bilden den Höhepunkt seines Schaffens. Ihnen folgt die Berufung nach Breslau und, 1932 nach Berlin. Ein Jahr später entlassen, wird er in die Isolierung gedrängt, seine Kunst als „entartet“ gestempelt. 1943 stirbt Schlemmer schwerkrank und vereinsamt in Baden-Baden.

Die inneren Daten dieses Künstlertums sind von seltener Folgerichtigkeit: von Cezanne ausgehend, ist Schlemmer um eine vertiefte Bildgesetzlichkeit bemüht. Es geht ihm um reine, distinkte Sonderung der Formen, um ihr harmonisches Gefüge, um totale Verspannung aller Elemente des Bildbaues. So gewinnt er, dessen Kunst wie hur selten eine in unseren Tagen öffentlichen Rang beansprucht, die großzügigen Flächen der modernen Architektur und gibt ihnen die gemäße rhythmische Gliederung. Der Mensch als dynamischer Organismus führt ihn zum Ballett: Schlemmers Triadisches Ballett und seine Inszenierungen für die Baubausbühne gehören zu den wichtigsten Daten moderner Szenenkunst. Gewiß haften diesem Werk manche Züge allzu deutlichen Bemühens und austerer Formbezwingung an, doch sind dies nur die extremen Ausprägungen eines seine Zielsetzungen klar erkennenden Kunstwollens. Unter beinahe ausschließlicher Beschränkung auf die menschliche Gestalt gelang es Schlemmer, diese zum umfassenden Formsymbol zu erheben, wobei sein Werk nicht selten jene Räume gewann, die Kleist in seinem Aufsatz über das Marionettentheater beschrieb. Hans Hildebrandts Buch kann als Musterbeispiel für einen neuen monographischen Typus gelten. Auf 40 Seiten, die von eingestreuten Zeichnungen belebt werden, finden wir eine Darstellung von

Schlemmers Leben, künstlerisdiem Werdegang und geistiger Entfaltung. Daran schließen 6ich Aufsätze des Künstlers („Analyse eines Bildes und anderer Dinge“ und-„Mensch und Kunstfigur“) sowie Aufzeichnungen aus Briefen und Tagebüchern, die weitere interessante Einblicke in sein Schaffen gewähren. Der Tafelteil gliedert sich in Wiedergaben der Ölbilder, Aquarelle, Plastiken, Wandbilder, Ballette und Tänze. Den Abschluß bildet ein in Zusammenarbeit mit der Witwe des Künstlers zusammengestellter Werkkatalog, dessen Vollständigkeit verbürgt sein dürfte, und eine Bibliographie, welche alle Aufsätze und graphisdien Mappenveröffentlichungen de6 Künstlers enthält.

Das Rheuma-Problem... gelöst! über die Entstehung und Fleilung der rheumatischen Erkrankungen. Von Dr. Edmund Müller. Verlag F. Deuticke, Wien 1952. 62 Seiten.

Der Titel einer Schrift soll nicht mehr versprechen, al6 sie erfüllt. Er handelt sich zweifellos um wertvolle Beiträge zur Lösung des Rheumaproblems, doch es als „gelöst“ zu bezeichnen, ist wohl zuviel gesagt. Der Verfasser erörtert die verschiedenen Entstehungsursachen rheumatischer Erkrankungen, die Uberempfindlichkeitsreaktionen (Allergie), die Bedeutung des Kapillarsystems und anschließend die Möglichkeiten der Therapie. Man kann ihm weitgehend zustimmen, wenn er die soziale Bedeutung der rheumatischen Erkrankungen unterstreicht, schon im Hinblick auf ihre Verbreitung, die Belastung der Sozialversicherung und den Ausfall von Arbeitstagen. Als anfällig für Rheuma betrachtet der Verfasser alle jene Konstitutionsformen, die zu Tubersulose inklinieren. Nach seiner Auffassung bestehen enge ur6ädiliche Zusammenhänge zwischen Rheuma und Tuberkulose. Der tuberkulöse Rheumatismus (Poncet) jst seit langem bekannt-, hier scheint der Verfasser zu Verallgemeinerung zu neigen. Wichtig sind seine Ausführungen über die Bedeutung des Kapillarsystems und über die Zusammenhänge zwischen diesem und den Drüsen mit innerer Sekretion, vor allem der Hypophyse, der Schilddrüse, den Keimdrüsen. Unter den das Kapillarsystem schädigenden Giftwirkungen wäre vor allem das Nikotin zu nennen. Kritisch vergleicht der Verfasser die alten und die modernen Methoden der Therapie, bei welchem Vergleich die alte Medizin nidit schledit abschneidet. Mit Recht v/endet sich der Verfasser gegen eine schemati6ch geübte interne Salizyltherapie, auch gegen die allzu mechanistische Behandlung mit Cortison (ACTH); dafür empfiehlt er weitgehend die physikalische Therapie, besonders Wärme-und Bäderanwendungen in allen gebräuchlichen Formen. Am Schlüsse werden die Fragen der Wettereinflüsse, der „Wetterfühligkeit“ besprochen. Die Einrichtung besonderer Rheuma-Beratungsstellen wird gefordert.

Die soziale Medizin und Hygiene wird den vom Verfasser vorgetragenen Gedenken ernste Beachtung schenken müssen.

Univ.-Prof. DDDr. A. Niede'rmeyer

Ärztliche Seelsorge. Von Viktor E. F r a n k 1. 6. Auflage. Verlag Franz Deuticke, Wien 1952. 203 Seiten.

Die Bedeutung von. Frankls bisherigem Hauptwerk könnte nicht besser unterstrichen werden als durch die Tatsache, daß das Buch nun sdion zum sechstenmal aufgelegt werden konnte und außerdem Übersetzungen ins Italienische und Spanische erfuhr. Die über-

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