Don DeLillo: Blackout. Was nun?
Der US-amerikanische Schriftsteller Don DeLillo schaltet in seinem Roman „Die Stille“ den Strom ab.
Der US-amerikanische Schriftsteller Don DeLillo schaltet in seinem Roman „Die Stille“ den Strom ab.
Wenige Leute in einem Raum und für eine gewisse Zeit: Da kann es sich bald ganz schön abspielen. Kammarspel nannte August Strindberg, der Meister der Innenschau, einige seiner Dramen. Statt auf Action und Ortswechsel fokussiert das Kammerspiel auf Dialoge; und was da so mit wem gesprochen wird, bringt nach und nach das Innenleben der Figuren in den Blick.
Man hätte auf das Cover von Don DeLillos Roman „Die Stille“ auch „ein Kammerspiel“ schreiben können. Aber Romane verkaufen sich bekanntlich besser, darum findet sich im Zweifelsfall dieses Etikett auf den Büchern. Und, zugegeben, ein wenig Prosa gibt es ja. Möglich aber, dass zunächst enttäuscht ist, wer diesen auffällig schmalen „Roman“ kauft und das Buch aufschlägt – und dann diesen Dialogen begegnet, die hölzern und sperrig wirken. So reden doch Menschen nicht? Und so aneinander vorbei? Oder doch?
Es hat aber durchaus seinen Reiz, was Don DeLillo hier tut, selbst wenn es höchst konstruiert wirkt. Irgendwie künstlich und doch irgendwie ganz real sind die sonderbaren Gespräche, die Menschen hier zunächst noch irgendwie miteinander führen: etwa Tessa und Jim, die im Flugzeug sitzen. Er liest ständig die Zahlen der Entfernung und Geschwindigkeit vom Bildschirm, sagt die „Wörter und Zahlen laut auf, weil es sinnlos war und folgenlos“, sie wiederum versucht, alles, was auf der Reise geschah, in ihr Notizbuch einzutragen, weil sie in vielen Jahren „diese Notizen lesen und sehen will, wie präzise und detailliert sie sind“.
Bis ein Unfall dieses erste kurze Kammerspiel äußerst unsanft unterbricht. Doch stürzt nicht nur ein Flugzeug, sondern gleich ein ganzes System ab. Ein System, das vielleicht verdeckt hat, was schon lange der Fall ist.
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