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Probleme einer zeitgemäßen Apologetik
Von Hermann Lais. Seelsorgerverlag (Herder), Wien. 232 Seiten. Preis 54 S
Von Hermann Lais. Seelsorgerverlag (Herder), Wien. 232 Seiten. Preis 54 S
Aus einer Vortragsreihe unter Fachgenossen im Wiener Seelsorgeinstitut erwachsen, tastet das Buch aus guten Gründen zuerst das Terrain ab, die Möglichkeit und die Notwendigkeit einer Apologie des katholischen Standortes im Spannungsfeld der heutigen Probleme. Denn das wandelt sich mit jedem Heute. Es ist nicht lange her, da wurde die Jugend oder wurden gar die Jugendführer verdächtigt, sie lehnten die Apologie ab. Man hätte sich aber fragen müssen, wie es kam, daß die großen und in ihrer Weise hervorragenden, in vielen Auflagen aufgelegten Apologien des Christentums, die fünf Bände von Franz Hettinger, die sieben Bände von Albert M. Weiß, die von Paul Schanz in drei mächtigen Wälzern, und schließlich die von Esser-Mausbach herausgebrachte, die in drei Bänden die wichtigsten Probleme über Religion, Christentum und Kirche von soliden Wissenschaftlern behandelte, immer weniger Nachfrage fanden und schließlich gar nicht mehr abgingen. Als wir noch jung waren, zitierten wir schon ironisch das geflügelte Wort eines bekannten Apologeten: „Das ist einfach absurd“; eine halbe Generation darnach fühlte man sich durch diese Art nicht mehr amüsiert, sondern herausgefordert, und wieder ein halbes Menschenalter darnach abgestoßen. Die neuen Religionsbücher der 5. Klasse waren darnach nicht mehr apologetisch ausgerichtet, sondern fundamentaltheologisch. Das war methodisch allein richtig. Oder man stellte den Lehrstoff der fünften und sechsten Klasse der Mittelschule um. Die Schüler müßten zuerst die Größe und den Reichtum unseres Glaubens erfahren; dann können Einwürfe widerlegt werden und nicht umgekehrt. — Der Autor kennt diese Schwierigkeiten und sichert seine Position gegen sie. Auch inhaltlich ist er nach jenen Problemen aus, die derzeit brennend sind. Daß das oft nicht so selbstverständlich schien, war einst ein weiterer Grund für die Ablehnung. Offene Türen einrennen wirkt heiter, solange das einem nicht selber zugemutet wird. Daß aber Türen unbeachtet bleiben, hinter denen man selber ganz gefangen saß, das bedrückte. Die Auswahl der Themen kann bei dem (verglichen mit den alten Apologien) geringen Umfang eben nur eine Auswahl sein. Sie ist gut. Klare Grenzziehung unseres Glaubens gegenüber einem „Christentum", das den übernatürlichen Ursprung nicht wahrhaben will Gaspers, Bultmann). Der dialektische Materialismus; der Wandel in der Naturphilosophie und Kosmologie und die christliche Lehre; die ontogenetische Eigenstellung des Menschen; der Urmonotheismus. Gut werden gerade junge Menschen reagieren, wenn Lais die personale Struktur des Glaubensaktes als Ansatz für das Glaubensproblem nimmt. Vieles kann in einem Aufriß nur kursorisch behandelt sein. Gewünscht hätte ich ein starkes Kapitel über die Bedeutung der Religion (für die Bildung des Menschen, für die Gesellschaft, Religion — Seele jeder Kultur). Ebenso eines über die optimistische Illusion jedes Naturalismus und Rassismus; ebenso hätten Erkenntnisse, welche psychischen Störungen eintreten beim Ausfall der Religion, wie sie C. G. Jung und Viktor Frankl aus- sprachen, einen hohen apologetischen Wert.
Viele der Wünsche, die noch blieben und bleiben müssen, hängen von der Frage ab; Für wen ist das Buch geschrieben? Für Theologen und ihre Ausrüstung im Leben? Für die, die am meisten von dieser Frage bedrängt sind, die jungen Menschen? Oder zur Sicherung für jeden Gläubigen? Lais heißt sein Buch nicht „Apologie“, sondern „Apologetik"; das ist die Kunst, die Glaubensposition zu verteidigen. Die mit diesem Titel vorgegebene Sicht macht Fragen der Methode und Stoffauswahl erlaubt. Alles in allem kann aber das Buch, so wie es ist, nur empfohlen werden.
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