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Unser heutiges Jugendbuch

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Daß die Lektüre der heranwachsenden Generation nicht nur unmittelbar Eltern und Erzieher, sondern alle Kreise unseres Volkes interessieren muß, tritt seit dem „Kampf gegen Schmutz und Schund“, den vor Jahren die katholische Jugend Österreichs ausgerufen hat, immer mehr ins Bewußtsein unserer BeT völkerung. Freilich wird die Aufgabe meist rein negativ gesehen: Abwehr gegen sittlich verderbliche Einflüsse von Schriften, auf die die Bezeichnung „Literatur“ füglich kaum mehr angewendet werden' kann. Im Kampfe „gegen“ sind verantwortungsbewußte Kreise, welcher Weltanschauung immer, ziemlich einig, dagegen geschieht praktisch noch viel zu wenig, um der Flut dieser billigen Schriften, die natürlich auch Kapital bedeutet, wirksam zu begegnen.

Mindestens ebenso wichtig als der Abwehrkampf gegen das Schlechte ist die Versorgung der Jugend mit gutem, erzieherisch wertvollem Schrifttum. Darum ist das Bestreben immer zahlreicher werdender Jugendbuchverlage, hier positive Leistungen zu setzen, nur zu begrüßen. Je mehr ethisch einwandfreies und zum Guten führendes Schrifttum für alle Altersstufen unserer Buben und Mädel zur - Verfügung steht, desto eher wird die Nachkriegsseuche bekämpft werden können. Bald sollen sich ja auch die Zollschranken gegen deutschgeschriebenes ausländisches Schrifttum öffnen und die Auswahl zwischen Gutem und Bestem noch größer machen.

Für bewußt katholische Menschen, die wissen, daß unsere zerrissene Welt nur in der Liebe Christi von ihren vielfachen Wunden genesen kann, erhebt sich freilich eine weitere, verantwortungsvolle Frage: Wie weit atmen jene Bücher, die wir unseren Jugendlichen in die Hand geben, noch — oder wieder? — christlichen Geist? Ist es mit der Hilfsbereitschaft, der Kameradschaft und dem Streben nach einem „edlen Menschentum“ allein schon getan? Müßte nicht wenigstens der Gedanke an Gott noch Platz haben in unseren Büchern für die heranwachsende Generation?

An einer Anzahl von Neuerscheinungen dieser Vorweihnachtszeit soll diese Frage kurz beleuchtet werden.

Ingeborg Mühlhöfer, „Der Räuberschatz“, Weg-Verlag Kury & Co., 213 Seiten (für Zehn- bis Sechzehnjährige). Geschichte um den verborgenen Schatz eines Räubers; hier ist nicht nur die ethische Haltung positiv, sondern auch die religiöse Einstellung. Die jungen Helden des Buches erfahren am Schicksal des alten Hirten Tita, daß Geld nicht glücklich macht, sondern einzig und allein ein Leben, das auf Gott hingeordnet ist. „Gib mir nicht Geld und Gut, nur ein starkes Herz, mein Herrgott, und zwei helle Augenl“

Mira Lobe, „Insu-Pu“ (Waldheim-Eberle, 315 Seiten), ist eine nett geschriebene Robinsonade für das Hauptschulalter. Sie erzählt von elf verschiedenartigen Kindern, die auf einsamer Insel im Großen Ozean zu einer tüchtigen Kindergemeinschaft zusammenwachsen. Verschiedenstes Gedankengut, das die Kinder von daheim mitbringen, wird zu einer friedlichen Sythese zusammengebaut, die Freundschaften, die geschlossen werden zwischen Baronesse und dem Arbeiterkind, dem Arztenssohn und der Zirkuskünstlerin — wollen in guter Weise Brücken schlagen helfen. Am ersten Abend, da die Kinder von daheim fort sind, fängt eines der Kleinen zu weinen an, weil es gewohnt ist, daß die Mutter mit ihm das Abendgebet betet: Nachher, während langer neun Monate, aber erinnert sich keines der Kinder mehr ernstlich an den lieben Gott, Wie ist das zu verstehen?

Heidt-Meise-Ulrich, „Als unsere Grpßen noch jung waren“ (Wald-heim-Eberle, 247 Seiten). In acht Kapiteln erstehen vor dem Leser zehn Bubengestalten. Wir lernen ihre Interessen, ihre Begabungen und die Widerstände kennen, die sich ihnen in den Weg stellen, und kennen doch alle gut die später so berühmt gewordenen Namen: Schwind, Daffinger, Liszt, Billroth, Bruckner, Zainer usw. Wir erleben bei einigen von ihnen auch eine schlichte Frömmigkeit, die sie von Kindheit an begleitet hat. — Leider ist das Buch sprachlich eine arge Enttäuschung. Für Elf- bis Dreizehnjährige.

Vera Ferra, „Riki“ (Weg-Verlag Kury, 222 Seiten), ist trotz des klischeemäßigen

Titelbildes ein nettes und sauberes Buch für unsere 14- bis 16jährigen Mädchen. Es schildert ohne wesentliche Schönfärberei das harte Leben eines Mädchens, das den richtigen Weg zu einem Beruf sucht. „Aus eigener Kraft“ — das ist Rikis Stolz — kommt sie hoch.

Friedrich Morton, „Robinson aus Österreich“ (Oberösterreichischer Landesverlag, 221 Seiten). Ein Abenteuerbuch für Leser ab 16 Jahren, in dem der Verfasser die höchstmerkwürdigen Schicksale des Johann Peyer aus Urfahr, geboren 1713, nacherzählt, der in türkische Gefangenschaft gerät und, um „dem Glauben seiner Väter treu zu bleiben“, als Freigelassener abermals in abenteuerliche Situationen kommt. Das Christentum Robinsons und seiner Getreuen ist nicht sehr überzeugend, das Buch durch die Aneinanderreihung allzu vieler Merkwürdigkeiten eher ermüdend; dennoch muß festgestellt werden, daß hier einmal ein christliches Menschenschicksal geschildert werden will.

Felix Rosche, „M ein Steinadlerbuch“ (Verlag für Jugend und Volk, 152 Seiten). Ob der etwas breiten Erzählung für etwa 16 Jahre aufwärts. Der bekannte Tierfreund und beliebte Schriftsteller versteht es immer meisterhaft, die Schönheit und Zweckmäßigkeit der Natur zu schildern. Die Seltenheit des Steinadlers, seine dem Menschen so unzugängliche einsame Größe sowie die Majestät der Hochgebirgswelt, die sein Aufenthalt ist, steigern in diesem letzten Werk die Ehrfurcht vor dem Numinosen. Leider auch nicht mehr.

Dhan Gopal Mukerji, „S i r d a r, der Herdenführer“ (Verlag für Jugend und Volk, 124 Seiten). Ab 12 Jahren. Mukerji ist als Verfasser der Hindufabeln schon bekannt. Hier schildert er meisterhaft das Leben des Dschungels aus der Sicht der Elephanten. Daß Sirdar die Menschen als die „in den Städten geborenen Affen“ bezeichnet, ist nicht arg zu verwundern. Daß die „Hatis“ jeden

Morgen und Abend zum „Gott der Elephanten“ beten, daß ihre „Religion ist“, die „Schwachen gegen die Starken zu beschützen“, könnte manchen Mitteleuropäer, der Christ zu sein vorgibt, beschämen.

Robert Polt und Josef Achleitner, „W a s die Menschheit erlebte“, Kleine Weltgeschichte für die Jugend (Verlag des österreichischen Gewerkschaftsbundes, 322 Seiten). In einer sehr persönlichen und die Kinder ansprechenden Weise erfährt der Leser, was die Menschheit seit Entstehung der Welt bis heute erlebt hat. Die Geschichte wird zu einer langen Reihe einzelner Geschichten, in denen, wo unbedingt notwendig, auch das Christentum aufscheint, und zwar nach Möglichkeit in einer Art, die den religiösen Lesern wie den ungläubigen gerecht werden soll. Die Entstehung unserer Erde aus einem glühenden Funken, der von der Sonne wegsprühte und auf der es „dann geschah“, daß das „erste zarte Leben sich regte“, auf der es eines Tages Pflanzen „gab“ und „Lebewesen ... die auf zwei Beinen gehen konnten...“, ist zweifellos ein gutgemeinter Vermittlungsvorschlag; aber dennoch läßt sich weder die Weltgeschichte noch die Entstehung der Welt auf solch einfache Formeln bringen.

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