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„Blick nach Osten“

19451960198020002020

Vierteljahrszeitschrift, herausgegeben von Univ.-Prof. Dr. Matt, Graz, und Univ.-Prof. Dr. Heinrich Felix Schmid, Wien. Verlag Kleinmayr, Klagenfurt-Wien.

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Vierteljahrszeitschrift, herausgegeben von Univ.-Prof. Dr. Matt, Graz, und Univ.-Prof. Dr. Heinrich Felix Schmid, Wien. Verlag Kleinmayr, Klagenfurt-Wien.

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„Umschau im geistigen Leben der Völker des östlichen Mitteleuropas, Südosteuropas und der Sowjetunion“ nennt sich in ihrem Untertitel eine neue, wohlausgestattete Vierteljahrszeitschrift, deren erstes Heft soeben erschienen ist. Die Herausgeber sagen in ihrem Geleitwort über die Aufgabe, die sie im Ostraum sich gesetzt sehen: „Die Zeitschrift will, ohne auf die Würdigung wichtiger Vorgänge in den bezeichneten Gebieten zu verzichten, die kultur- kundliche Berichterstattung in den Vordergrund rücken. Es wird ihr Bestreben sein, ihre Leser über alle wichtigen Erscheinungen im. geistigen Leben der Länder und Völker ihres Gesichtsfeldes auf dem laufenden zu halten. Dazu sollen neben einer ständigen, länderweise gegliederten ,Kulturchronik‘ Würdigungen wichtiger Vorgänge und bedeutsamer wissenschaftlicher, literarischer und künstlerischer Leistungen auf allen Gebieten des Geisteslebens dienen, wie schließlich zusammenfassende Berichte über bestimmte Erscheinungsgebiete. In diesem Rahmen soll die Tätigkeit der Kirchen, Gesetzgebung und Verwaltungsorganisation, das Gesundheitswesen, das Unterrichts- und Erziehungswesen, die Volksbildung, die Organisation -der wissenschaftlichen Arbeit, das Pressewesen, die bildende Kunst, Musik, Theater, Film und Rundfunk Berücksichtigung finden.“

In dem Eröffnungsartikel behandelt Prof. Schmid das Thema „Europas Osten im Lichte weltgeschichtlicher Betrachtung" unter Aufgebot eines interessanten und reichen Materials aus der internationalen Literatur. Josef M a 11 durchleuchtet die Rolle Masaryks in der panslawistischen Bewegung, eine Rolle, die er sehr groß und ebenso sieht wie der Prager deutsche Slawist Franz Spina, der anläßlich des 85. Geburtstages Masaryks von diesem sagte, er sei aus der Geschichte unserer Zeit ebensowenig wegzudenken wie ein Wilhelm von Oranien aus der Geschichte der Niederlande von Oranien aus der italienischen Historie. „Über die Religion der Slawen im Lichte der heutigen Forschung“ spricht Linda S a d n i k in dem dritten, inhaltsgesättigten Aufsatz dieser Nummer.

Wenn die Zeitschrift in ihren Folgen uns schenkt, was ihre ausgezeichnete Eröffnungsnummer durch die erstklassige Darbietung verheißt und der wissenschaftliche Rang und die Erfahrung ihrer Begründer gewährleisten, so wird sie damit die Mission aufnehmen, die gerade Österreich durch seine geographische und kulturpolitische Stellung am Rande der slawischen Welt zu erfüllen hat. In der gegenwärtigen Zeitschriftenliteratur füllt diese Vierteljahrsschrift eine Stelle von aktueller Wichtigkeit aus.

Wissenschaft und Weltbild Vierteljahrschrift für alle Gebiete der Forschung. Erster Jahrgang, Heft 2. Verlag Herold, Wien.

Auch dieses Heft hält, was die Herausgeber versprachen: strenge Forschung und Sichtung. Das bekundet gleich eingangs F. A. Westphalen: „Das Schicksal einer Gegenbewegung." Er skizziert die „Wandlungen des Marxismus“ und findet sie in Analyse und Antithese fruchtbar, hierin aber auch — erschöpft. Vom marxistischen Standpunkt wird ,,Der historische Materialismus“ von Robert Endres als Methode hervorgehoben und an zahlreichen Beispielen zu belegen versucht. Neu ist, was Leo Gabriel über „Freiheit und Existenz" im Angesicht des dialektischen Materialismus schreibt. Erstmalig wird Marx als existentieller Denker bestimmt, der seinen „existentiellen Herzschlag" durch die „marxistische Theöretik“ unhörbar machte. Leo Gabriel gibt in der meines Erachtens gelungenen Beweisführung dieser These ein Kabinettstück seiner von ihm an der Universität mit ereignis- haftem Erfolg vertretenen christlich-existentia- listischen Philosophie. Eine scharfsinnige Auseinandersetzung mit der Schlick-Schule bietet Alfred Holländer: „Physikalische Erkenntnis.“ Gründlich, zugleich aufregend, ist der Entwurf über „Das Alter der Welt" von Konradin Ferrari d’Occhieppo. Burghard Breitner behandelt „Biologie und Ethik“ in kritischer Hinwendung zu Spengler und Nietzsche. Tiefe und Wärme beseelen den Aufsatz „Naturrecht und römisches Recht" vom Altmeister des römischen Rechtes Leopold Wenger. „Das Geschichtsbild des Nationalismus“ zeichnet Erich Zöllner mit reicher Stoffkenntnis. Einen wirklich sachkundigen Beitrag zur noch immer ausständigen Kirchen- und Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts in Österreich bedeutet „Das Sturmjahr 1848 und die Kirche in Österreich" von Oskar Folkert. Ausführliche Berichte über Bibelwissenschaft, Marxismus und Religionssoziologie, Ökologie usw., ausführliche Bücherbesprechungen, so über Dempfs „Selbstkritik der Philosophie“, usw., runden das Heft zu einer nottrotzenden Leistung österreichischer Wissenschaft.

Medizinische Erwägungen zu dem Fragenkreis der künstlichen Schwangerschaftsunterbrechung. Von M. Apfelthaler. Herder, Wien 1948. 31 Seiten.

Diese Schrift gibt eine ausgezeichnete, klare und sachlich einwandfreie Einführung in die schwierige Problematik des künstlichen Abortus. Der Verfasser zeigt die Kompliziertheit des Problems in wissenschaftlicher Beherrschung der schwierigen Materie. Besonders wertvoll ist, daß er deutlich auf die Gefahren und Schädigungen hinweist, die mit dem Abortus wesensgemäß verbunden sind und die du. dl keine Steigerung der Technik aus der Welt geschafft werden können; vor allem zeigt er die Fülle und

Schwere der Spätschädigungen auf, die selbst bei scheinbar günstigem primärem Verlaufe n:e mit Sicherheit vermeidbar sind. Besonders dankenswert ist, daß er dem (auch unter Ärzten) weitverbreiteten Irrtum entgegentritt, als sei der Abortus um so unschädlicher, je frühzeitiger er am Beginn der Gravidität eingeleitet wird: Gerade hier findet die tiefgreifende Umstellung im innersekretorischen Organsvstem statt, und der Abortus in diesem Frühstadium ist ein besonders schwerwiegendes physiologisches Trauma, das oft — besonders bei einer Erstgravidität — nie mehr gutzumachende Folgen zeitigt. Schließlich weist der Verfasser auch auf die Schweren psychischen Früh- und Spätfolgen hin, die im Verein mit den Spätschädigungen durch latente Infektion das Gesamturteil gestatten, daß durch den Abortus, aufs Ganze gesehen, weit mehr Frauen gesundheitlich irreparabel geschädigt worden sind, als durch ihn vor Schädigungen hätten — vermeintlich — bewahrt werden sollen. So darf die kleine Schrift als ein notwendiges und verdienstvolles Aufklärungswerk und ein Dienst an der Volksgesundheit bezeichnet werden.

Die Welt von gestern. Erinnerungen eines "Europäers. Von Stefan Zweig. Bermann- Fischer-Verlag, Wien 1948. 584 Seiten.

Es gehört mit zu den Eigenheiten der deutschsprachigen Emigrationsliteratur, daß sich ihr Verständnis in vielen Fällen erst dann erschließt, wenn man nach dem Publikum fragt, für das sie geschrieben wurde. Schon Heine hatte über die romantische Schule in Deutschland für Franzosen wie über französische Zustande für Deutsche geschrieben. Auch das Buch Zweigs, mag es der Verfasser auch sich zur Feier geschrieben haben, ist für ein bestimmtes Publikum gedacht: für den Intellektuellen der angloamerikanischen Welt. Das muß beachtet werden, wenn man sich über die für uns als Augenzeugen der geschilderten Verhältnisse manchmal allzu vereinfachende und aussparende Manier der Schilderung wundern will. Ohne Zweifel ist eine der Hauptfragen, die die Lektüre aufwirft: dient das von Zweig entworfene Bild Österreichs unserem Ansehen im Ausland oder nicht? Die Frage rückt das Buch meiner Meinung nach erst in die Beleuchtung, in der es als ganzes gesehen werden muß. Die Antwort ist diese: Das Buch zeigt dem Ausland, was mit Österreich unterging, als es noch teilhatte an der Idee „Europa“. Im Namen dieser Idee, der Zweig zeitlebens diente, beklagt er den Untergang des „Zeitalters der Sicherheit“ und legt gleichzeitig- Selbstkritik ab. Denn es gehört mit zum wesentlichen dieses Buches, daß der Verfasser die Vertreter der europäischen Idee anklagt, sich den ihnen feindlichen Kräften um ihrer liberalen Ziele willen nicht mit letzter Entschlossenheit entgegengestellt zu haben. Diese Selbstanklage ist der bittere Kern des Buches. Freudiger stimmt es den Leser, wenn er gewahr wird, daß selbst die düsteren Zeitläufte, in denen das Buch — übrigens ohne jedwede dokumentarische

Beihilfe — entstand (1942), dem Autor nicht die Hoffnung auf den Sieg der von ihm vertretenen Idee rauben konnten. Damit legt er gleichzeitig Zeugnis für das österreichische Schicksal im 20. Jahrhundert ab. Wenn wir horenį daß Zweigs Buch in der anglo-amerika- nischen Welt zu den bestsellern gehört, so ist zu hoffen, daß damit dem Leser jener Länder Tragik und Zukunftshoffnung Österreichs bewußt werden. Dr. Robert M ü h 1 e r

Wien anno 1 86. Von Karl Reinöhl. Kunstverlag Wolfrum, Wien. 32 Text- und 32 Bildseiten.

Das neueste Bändchen der „Wolfrum-Bücher“, dieser gefälligen Reihe von liebevoll ausgewählten Kunstmonographien. Der Eröffnung dieses Bändchens durch eine Schilderung des geschichtlichen Wiens am Rande des 18. Jahrhunderts, dieses noch im Glanze der kaiserlichen Weltstadt buntfunkelnden' Wiens, läßt der Verfasser die Wiedergabe von Kupferstichblättern aus einer Serie folgen, die zwischen 1 9 bis 1 98 im Auftrag des Hauses Artaria von den Stechern und Malern Seb. Mansfeld, Carl Schütz, Laurenz Janscha, Johann Ziegler, Josef Schaffer und den Brüdern Peter hergestellt wurde. Der Scharm dieser Blätter, die zum Teil handkoloriert waren und hier eine sehr gute Wiedergabe finden, ist groß. Blätter, wie „Die Schlagbrüche" von Ziegler, sind entzückend. Wer aus einer schönen Schau, die man gern größer haben möchte, sich an dem alten Wien und auch dessen erfreuen will, was uns noch geblieben, der greife nach diesem Wolfrum- Bändchen. f.

Weg des Lebens. Deutsches Volksmeßbuch mit Erklärungen zur Vorbereitung und sinnvollen Mitfeier der heiligen Messe. Von Huber- Kammelberger, Verlag „Katholische Schriftenmission“, Linz.

Der Verlag hat mit diesem Bändchen eine ganz neue Form eines Volksmeßbuches herausgebracht, das vor allem zum persönlichen, innerlichen Beten und Opfern im Anschluß an die Feier des heiligen Meßopfers anleitan möchte. Es enthält deshalb nicht nur eine Einführung in die Meßformulare, sondern zwischen den eigentlichen Texten in Kleindruck Hinweise zum persönlichen Beten und Betrachten. Damit ist sowohl eine Anleitung zur Vorbereitung der Meßfeier gegeben als auch die Möglichkeit besseren Verstehens und Mitgehens bei der Feier selbst. Sehr wertvoll sind in diesem Zusammenhang die beigefügten Ratschläge für den Gebrauch der Meßbüchletn, die im einzelnen zeigen, wie sich die Mitfeier des Laien bei ver- schiedenen Formen der Meßfeier gestalten soll. Wie weit die Meßbüchlein über den Bereich der Diözese Linz hinaus, aus deren volksliturgischer Arbeit sie erwachsen sind, praktische Bedeutung für die Gestaltung, des Gemeindegottesdienstes gewinnen werden, können, sollen — darüber werden die Seelsorger und Praktiker zu urteilen haben.

Der reiche Jüngling. Roman von E. Feiks- W a l d h ä u s 1. Verlag A. Pustet, Graz. S 30.—, 352 Seiten.

Jedes romanhafte Weiterspinnen biblischer Er. Zählungen und Schicksale läuft Gefahr, entweder apokrypher Verharmlosung oder fälschender

Willkür zu verfallen. Beide Gefahren überwindet dieser Roman indem er im Reichen Jüngling des Evangeliums ein echt menschliches Schicksal verkörpert: das der jugendlichen Sehnsucht nach letzter Vollendung religiöser Erkenntnis und des Strebens nach dem Absoluten, des schuldhaften Versagens in entscheidender Stunde und der endlichen Begnadung. Die unerlöste Problematik der überreifen ägyptischen und hellenistischen Kultur, die ihre Mittagshöhe schon überschritten hat, scheint den reichen Kaufmannssohn von Alexandrien geradewegs dem Messias in die Arme zu führen; doch seine Bereitschaft überwindet nicht jene letzte Unverbindlichkeit religiösen Strebens, wie sie sooft den irdisch Geborgenen kennzeichnet. Und damit beginnt der Abstieg in Schuld und tragisches Versagen. Doch das Wort Christi verfolgt den reichen Lebemann nicht nur als verlorenes Ideal, sondern mehr noch als Gnade, die ihm am Ende — wie dem Verlorenen Sohn — doch den Frieden Christi zu bringen weiß. — Das Buch ist mit viel Liebe und Echtheit der Empfindung geschrieben. Nicht wenige Seiten zeugen von reifer Lebenserfahrung und dichterischer Kraft. Im übrigen aber geht es dem Buch nicht um Spannung, sondern um Besinnung. Im ganzen wirkt es freilich zu breit und zu langatmig, um so mehr, als die gründlichen Kenntnisse von ägyptischer Landschaft und Kultur nicht immer organisch verarbeitet sind und bisweilen allzu vordringlich erscheinen. Aber es sind Mängel, die in Kauf genommen werden dürfen. Vor allem den Stillen unter den. suchenden Menschen unserer Tage wird dieses Buch ein wertvolles Geschenk und ein gültiger Wegweiser sein.

Carl Spitzweg. Von Alois Elsen. Verlag A. Schroll & Co„ Wien. Geb. S 35.—, 146 Textseiten und 103 Bildtafeln.

Das vor dem Kriege im Münchner Holbein- Verlag erschienene schöne Buchwerk, das, von Hermann Uhde-Birnmayr eingeleitet, 50 Handzeichnungen Spittwegs wiedergab, hat nun die gebührende Ergänzung in dem vorliegenden Bande gefunden, der eine reiche, vielseitige Überschau in nicht wenigen, bisher überhaupt noch nicht veröffentlichten Gemälden des gemütvollen Altmünchner Malers bietet. Alois F.lsen vereinigt sie mit einer Biographie, die das Werden und Wachsen des Künstlers Spitzweg mit sympathischer Sachlichkeit schildert und die geistige Kontur seiner Gestalt besser herausstellt als manche vorausgegangenen Arbeiten, die über der heiteren Ironie Spitzwegscher Genrebilder ganz das starke, in dem Gesamtoeuvre Spitzwegs durchklingende Maestoso seiner Landschaftsmalerei übersahen. Aus dem trefflichen Texte, der einer ausführlichen Bilderläuterung und den sehr guten Bildwiedergaben vorausgeht, sei eine Erinnerung wiedergegeben. Nach dem Willen des Münchner Kaufmannes Simon Spitzweg hätten seine drei Söhne praktische Berufe erlernen, der älteste Arzt, Carl, der zweite Sohn, Apotheker und der dritte — Totengräber werden sollen. Vielleicht war schon der Väter ein heiterer Satiriker. Jedenfalls mußte Carl Spitzweg erst eine vollständige Apothekerausbildung mitmachen, bevor er sich ganz für seine Kunst freimachen konnte.

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