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Ein neuer Name

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In der Galerie W o 1 f r u m, Wien I, Lobkowitz-platz 3, stellt Georg Eisler aus. Das ist ein neuer Mann und dies seine erste große Ausstellung. Georg Eisler, geboren 1928, kommt vom Expressionismus, ja, er versucht heute wieder Exepressionist ztfusiiflU dort aflzaf-angem wo 'der früh verstorbene' Richard Gerstl vor 50 Jahren aufhörte. Das ist ein guter Anfang und schon deswegen sehr erfreulich, weil er ganz ungewöhnlich ist. Die Abstraktion, die sich so furchtbar gleichförmig in den Galerien breitmacht, gibt jedem, der wieder ernsthaft gegenständlich sein will, seinen Reiz.

In derselben Woche, in der Eisler zum ersten Male in Wien hervortrat, stellten sich auch drei junge Schweden in den Schauräumen der Oesterreichischen Staatsdruckerei, Wien I. Wollzeile 27 a, vor. Ihre gegenstandlosen Schnickschnackspielereien sind von ebenso gegenstandlosen Manifesten begleitet: „WIR behaupten — WIR erwarten — WIR wünschen“ und „Ich erstrebe die Unterordnung der spontanen Eingebung unter die formalen und ästhetischen Anforderungen des Bildes und bediene mich dabei der Methode der Auflösung der Fläche mittels rhythmischer Durchgliederung“. Dieses laute, selbstsichere Auftreten, die Anmaßung, daß alle Maler der Weltgeschichte bisher Trotteln — oder zumindest farbenblind — gewesen seien, die aus beinahe jedem Satz des achtseitigen Katalogs deutlich herauszuhören ist, der wiederholte universale Anspruch der Welterlösung („Das Licht scheint in der Finsternis“) — und dies alles vor dem Hintergrund eines wahren Nichts von Bildern, einer nicht einmal mikroskopisch feststellbaren eigenen Leistung: das ist kein Einzelfall, das ist typisch geworden für unseren Kunstbetrieb oder, um nicht ungerecht zu sein, für eine Seite unseres Kunstbetriebes.

In dieser Situation kann Georg Eisler gar nicht anders als angenehm auffallen. Der Ernst, mit dem er zu Werke geht, mit dem er seine Figuren in den Raum stellt und mit dem er seine optische Intuition immer genauer werden lassen möchte, nimmt für ihn ein. Freilich darf uns diese spontane Freude auch nicht über gewisse Mängel seines Werkes hinwegtäuschen. Es geht ihm um eine stärkere Festigung der Form, wie Claus Pack im Katalogvorwort sagt, oft aber verfließt sie noch. Die Bilder Georg Eislers wirken auf den Abbildungen des Katalogs am besten — ,was zeigt, daß er mit den Farben noch nicht gut genug umzugehen vermag. Manche seiner Zeichnungen wirken recht unsicher, manche Porträts verzeichnet. Aber es scheint, daß Eisler das weiß, daß er seinen Weg kennt und hier zum ersten Male Rechenschaft legen möchte über sein Erleben und seine Versuche der Gestaltung. Gerade diese Verantwortung, die ihn nur Schritt für Schritt vorwärts gehen läßt, macht ihn in einer Zeit sympathisch, in der die Kunst allzuoft zwischen Jahrmarktbetrieb und Weltbekehrungsgehabe schwankt.

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