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Kleiner Bürgerschreck

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Im A r t - C 1 u b gibt es wieder einmal Veränderungen, Rücktritte, Sezessionen und Spaltungen; die jetzige, dritte Kollektivausstellung „Hundertwasser“ dürfte demgemäß als eine Art Abschiedsvorstellung des Art-Club aufzufassen sein.

Hundertwasser ist teils Maler, teils Bürgerschreck. Als Bürgerschreck ist er nicht besonders gut: ein bunt bemalter, an der Wand aufgehängter Stuhl, ein (übrigens recht hübscher) Gobelin, der ein Mannekenpis darstellt und schließlich so etwas wie ein Katalogvorwort, dessen Syntax ungefähr so barbarisch ist, wie der Inhalt es sein will--nun das treibt auch dem behäbigsten Bourgeois nicht mehr den kalten Schweiß auf die Stirn. Das haben die Dadaisten und die früheren Surrealisten wirklich besser gemacht als Hundertwasser. Aber die waren freilich mit mehr Wassern gewaschen ...

Immerhin, wenn er schon als Bürgerschreck kein Wässerlein zu trüben vermag — als Maler leistet Hundertwasser doch ein wenig mehr. Es ist immer noch so, daß nicht sehr viel übrig bleibt, wenn man von seinen Bildern abzieht, was nicht von ihm ist, sondern von Kinderzeichnungen, Klee, Max Ernst und so weiter herkommt — außer einigen netten Einfällen, einer unleugbaren dekorativen Begabung und einem gar nicht verschmock-ten, sondern sogar recht sympathischen Humor; das alles wiegt noch nicht mehr als eine Feder; aber gemessen an den ersten HundertWasser-Pro-duktionen und seinen offenbar unbedachten Expektorationen zum Trotz ist es erfreulich und läßt wenigstens mehr erhoffen. Und im Ganzen lautet das Urteil des Kritikers — und es läßt sich schlechterdings nicht anders als in gutem Wienerisch ausdrücken —: „Es is nix, aber mir g'fallt's.

PS.: Diese Kritik könnte, leicht verändert, auf den ganzen Art-Club angewendet werden: Er hat sich in dem Jahr der Existenz seines Kellerlokals im allgemeinen aufgeregter gebärdet als er wirklich war, und damit mehr Freunde verloren als Gegner gewonnen — immerhin hat er es solcherart vermocht, auch die Lokalredakteuie der Tageszeitungen und die Bildreporter der Illustrieren zu gelegentlichen Notizen und Photoreportagen zu bewegen, was auch etwas ist. Wir haben ferner im Kärntnerstraßen-Durchgang, neben ziemlich vielen überflüssigen, auch einige Ausstellungen gesehen, an die wir gerne zurückdenken: Kurt Moldovas, Maria Bilgers und Rudolf Hoflehners Kollektivexpositionen. Gewiß, wir haben allerdings auch manches gesehen, was nicht ausgestellt wurde: die Arbeiten Kurt Absolons oder Hans Fronius zum Beispiel oder die der vielen Ausländer, von denen uns geredet wurde. Aber die Verdienste des Art-Club sind damit nicht ungültig jgemacht worden; und er hat, vor allem, den Beweis erbracht, daß eine freie Künstlervereinigung auch dank eigener Initiative und ohne öffentliche Subvention sehr wohl leben kann: und wahrhaftig, das ist ihr hoch anzurechnen.

Wir hoffen, daß dieses Post scriptum kein Nachruf ist und der Art-Club seinen augenblicklichen Wirren zum Trotz weiterbesteht. Es wäre traurig, sagen zu müssen: „Es war nix, aber es ist schad' drum.“

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