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VON NEUEN BÜCHERN

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Von Friedrich Walter. Verlag Adolf Holzhausens Nachfolger, Wien 1951. 288 Seiten, 16 Bildtafeln und ein Farbbild

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Von Friedrich Walter. Verlag Adolf Holzhausens Nachfolger, Wien 1951. 288 Seiten, 16 Bildtafeln und ein Farbbild

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In seinem Buch „Abenteuer und Geschichte" (München 1950) hat Max Braubach „Gestalten um den Prinzen Eugen" geschildert. Dies darum, weil trotz aller Bemühungen der Forschung keine Quellen aufzufinden waren, die uns ein Eindringen in das innere Leben des großen Feldherrn und Staatsmannes ermöglichen würden. So hat Braubach den geglückten Versuch gemacht, Eugens Wesen im Spiegel der ihn umgebenden, manchmal recht seltsamen Gestalten nahezukommen. Was hier, vor allem aus den Berichten der französischen Diplomaten, an neuen Erkenntnissen gewonnen wurde, ist einer der wichtigsten Beiträge zur österreichischen Geschichte in den Jahrzehnten um 1700.

Auch das hier zu besprechende Buch handelt von Männern um eine geschichtliche Persönlichkeit. Aber hier ist die Lage gänzlich anders. Denn Mana Theresias Persönlichkeit und Wirken kennen wir sehr genau, und die Fülle der Zeugnisse ihres kraftvollen Wesens ist überreich. Auch die Männer, die um sie wirkten, sind uns, nicht zuletzt aus früheren Arbeiten des Verfassers, des ausgezeichneten Kenners der österreichischen Verwaltungsgeschichte dieser Zeit, zumeist gut bekannt. Dessenungeachtet war es notwendig, daß dieses Buch geschrieben wurde. Es war nicht die geringste Leistung der Kaiserin, daß sie, die völlig unvorbereitet zur Herrschaft kam, eine so große Zahl bedeutender Männer um sich zu scharen wußte. Der Versuch, die Wechselwirkung zwischen Herrscherin und Helfern einmal darzustellen und damit das Maß der Leistung beider zu erfassen, ist bisher noch nicht unternommen worden. Hier erfüllt das Buch eine wichtige Aufgabe. Dabei hat es der Verfasser mit Feingefühl und Takt zu vermeiden gewußt, die Gewichte einseitig zu verteilen und, wie dies in solchen Darstellungen nicht selten geschieht, diese oder jene Gruppe einseitig zu bevorzugen. Maria Theresias geschichtliches Werk wäre ohne ihre Helfer nicht denkbar gewesen, und doch tritt gerade in der Schilderung ihres Zusammenwirkens, das sich des öfteren nicht ohne Schwierigkeiten vollzog, die Stärke ihrer Persönlichkeit und die Größe ihrer Leistung hervor. Gewiß hatte diese auch ihre Grenzen, aber auch davon ist zur Genüge die Rede.

Man merkt diesem Buch auf jeder Seite an, daß es von einem Kenner geschrieben ist und hier die Summe langjähriger Arbeit gezogen wird. Das wirkt sich vor allem nach zwei Richtungen aus. Der Verfasser hat ein fun-

diertes Wissen um die staatliche und soziale Struktur und die geistigen Strömungen der Zeit Damit bringt er die Voraussetzung mit, um das Wirken dieser Männer, aber auch der Kaiserin richtig zu beurteilen. Ihm sind aber auch die unmittelbaren Quellen vertraut und sie sind ihm jederzeit zur Hand. So vermag er ein nicht selten mißbrauchtes Prinzip, nämlich die Quellen selbst sprechen zu lassen, mit großem Erfolg anzuwenden und die einzelnen so sehr verschiedenen Persönlichkeiten durch ihre eigenen Worte unmittelbar lebendig zu machen. Es braucht nicht gesagt zu werden, daß eine solche Verwendung der Quellen niemals am Beginn einer historischen Arbeit steht, wo sie noch allein Objekt der Forschung sind, sondern daß dies ein kunstvolles Mittel der Darstellung ist, die nur ein gewiegter Sachkenner mit Erfolg zu handhaben weiß.

So erstehen hier die Porträts des Freiherrn von Bartenstein, des Helfers vor allem in den außenpolitischen Nöten des ersten Jahrzehnts, des Grafen Haugwitz, der die entscheidenden Grundlagen zur großen, die innere Geschichte Österreichs lange bestimmenden Staatsreform seit 1749 legte, des Fürsten Kaunitz, des Feldherrn Daun, van Swietens, des Arztes, der soviel für die Unterrichtsreform getan hat, des Obersthofmeisters Fürsten Khevenhüller, dessen ausführliche Tagebücher zu den wichtigsten Quellen der Zeit zählen, ihres persönlichen Ratgebers Sylva-Tarouca, endlich die des Gatten und des Sohnes. Eine Würdigung der Kaiserin selbst schließt das Buch ab. Damit ist freilich der' Kreis der für die Kaiserin wichtigen Männer nicht vollzählig. Der Verfasser nennt in der Einleitung noch viele andere und würdigt sie kurz.

Das Buch ist nicht nur für einen engeren Kreis der Wissenschaft geschrieben. Man kann nur hoffen, daß es einen weiten Leserkreis findet. Denn die Zahl der historischen Bücher, die wie dieses vollendete Beherrschung des Gegenstandes mit einer vortrefflichen Darstellungsgabe verbinden, ist nicht groß. Wir wünschen daher dem Buch auch äußeren Erfolg und knüpfen daran die Erwartung, daß die schwierigen Zeitverhältnisse seinen Verfasser nicht mehr hindern, seine seit langem vorbereitete große Biographie Kaiser Josephs II. zu vollenden. Denn hier besteht eine seit langem schmerzlich empfundene Lücke in unserer historischen Literatur, die endlich auszufüllen keiner mehr geeignet ist wie Friedrich Walter.

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