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Achtung: Bibelnachdruck verboten!

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Natürlich soll es auch geistiges Eigentum geben. Selbstverständlich müssen Autoren von Texten Geld verdienen. Aber wird nicht manchmal zu engherzig mit dem Verfügungsrecht über Botschaften, die möglichst viele Menschen erreichen sollten, umgegangen?

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Natürlich soll es auch geistiges Eigentum geben. Selbstverständlich müssen Autoren von Texten Geld verdienen. Aber wird nicht manchmal zu engherzig mit dem Verfügungsrecht über Botschaften, die möglichst viele Menschen erreichen sollten, umgegangen?

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In unserer Haben-Gesellschaft ist es selbstverständlich geworden, auf sein Recht zu pochen. „Was von mir ist, ist von mir und gehört nicht dir", ist das Motto unseres geschäftlich denkenden Handelns. In einem eigenen Gesetz, dem Urheberrechtsgesetz, werden Leistungen, Ideen, geistige Neuschöpfungen geschützt.

In vielen Fällen schützt dieses Gesetz tatsächlich vor mißbräuchlicher Verwendung von Leistungen und Produkten durch Unbefugte und bewahrt vor geistigem und auch materiellem Diebstahl.

Doch immer öfter verhindert es auch notwendige Innovationen und wird gedankenlos dort angewendet, woeine Lockerung, ja Freigabe von Rechten angebrachter wäre. Wir müssen erkennen, daß unser schützendes Rechtssystem sich zusehends von den ethischen Grundlagen eines natürlichen Lebens entfernt. Ein paar Beispiele dazu.

Im Zentralorgan der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst mit Namen „Der öffentliche Dienst" heißt es im Impressum: „Die Redaktion behält sich das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Vertreibung der zum Abdruck gelangenden Beiträge sowie ihre Verwendung in anderen Ausgaben vor."

In Nummer 4/1991 war ein Artikel über „Drogen: Aufklärung statt Verharmlosung!" zu finden. Warum darf dieser Artikel nicht, ohne zu fragen,

weiterverwendet und mit Quellenangabe nachgedruckt werden?

Die Behandlung dieses Themas sollte doch möglichst weit verbreitet werden! Genauso trifft dies für den Beitrag über „ai, Helfen Sie einem Kollegen" zu. Das Beharren auf Rechten paßt nicht zu einer Organisation, die für die Arbeitnehmer da ist. Zumindest Teile könnten freigegeben werden.

Am 5. April 1991 habe ich in Ö 1 spätabends in der Sendereihe „Aufbrüche" eine thematisch ausgezeichnete und aufrüttelnde Behandlung des Umweltthemas in globaler Sicht verfolgt. Ich war betroffen und begeistert zugleich. Ich rief beim ORF an und ersuchte um die Zusendung einer Tonbandkopie oder eines Manuskripts.

Strafrechtliche Folgen

Ich bekam eine Kopie eines Artikels von Jürgen Dahl zugesendet, den dieser in der „Zeit" vom 23. November 1990 veröffentlicht hatte. Es war der Text, der bis auf ein paar Kürzungen im Original in der Sendung zu hören war. Auf der letzten Seite der Kopie des Zeitungsartikels prangte ein Stempel: „Der Österreichische Rundfunk überläßt ihnen dieses urheberrechtlich geschützte Manuskript zum eigenen privaten Gebrauch. Dies schließt jedwede Handlung zur Verwendung des Manuskriptes ohne Genehmigung des Autors und des Österreichischen Rundfunks aus. Bitte beachten Sie, daß jedwede unautorisierte Verwertung zivil- und strafrechtlich verfolgt werden muß." Der ORF sichert sich seine Rechte, obwohl der Text, sicherlich mit Genehmigung, übernommen wurde.

Kann nicht der ORF auf diverse Rechte verzichten, wenn es um seine Informations- und Bildungspflicht geht? So könnte doch ein alternativer

Stempel lauten: „Das behandelte Thema ist uns so wichtig, daß wir Interesse an der Verbreitung dieses Manuskripts haben. Sie dürfen es verwenden, wann und wie sie wollen, es darf jedoch daraus nur ideeller und nicht materieller Gewinn gezogen werden!" - Nicht verdienen sondern dienen? Eine Illusion in unserer Zeit?

Alle Rechte vorbehalten

Geben ist seliger als nehmen. Doch wie sieht es damit aus, was von Gott kommt, dem Neuen Testament? Besteht Gott auf seinen Rechten? In der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift finde ich: „Alle Rechte, insbesondere des Nachdrucks und der aus-zugsweisen Wiedergabe größerer Teile sind ausdrücklich vorbehalten."

Sollte es nicht eigentlich heißen: „Jeder darf das Wort Jesu abschreiben, nachdrucken, vervielfältigen, wenn es dazu dient, es zu erfüllen. Es soll dazu beitragen, das Wort Gottes zu verbreiten. Es dürfen jedoch keine Textänderungen vorgenommen werden, noch darf direkt oder indirekt ein finanzieller Gewinn erzielt werden." Das abgewandelte Wort, umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben (Mt. 10,8) sollte sinngemäß auch hier gelten.

Ein wahrlich unegoistisches Impressum habe ich in dem Buch von Eberhard Kohler gefunden. In seinen „Einsichten eines Geliebten" steht: „Als unverkäuflicher Privatdruck wird es kostenlos weitergegeben, solange der Vorrat reicht. Vervielfältigung (auch auszugsweise), Übersetzungen und Nachdruck werden gestattet. Keine Vorbehalte von Urheberrechten."

Selig, die auf ihr Urheberrecht verzichten, denn sie werden mehr bekommen als sie geben. Christus kopierenerlaubt. Der Himmel kennt kein Copyright!

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