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Feind ans dem Weltall

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Seinerzeit hat ein UFO-Anhänger einen anderen beschuldigt, er spioniere für außerirdische Wesen. Daß es diese Wesen in fliegenden Untertassen gibt, glaubten beide Herren. Mit dem Unterschied, daß einer sie als Freunde sah, der andere als Feinde.

Wie dem auch sei, Wachsamkeit ist geboten, denn, wie wir aus Erfahrung wissen, auch Freunde spionieren bei ihren Freunden und besetzen ihre Gebiete, vielleicht sogar häufiger als Feinde.

Wäre die Sache vors Gericht gekommen und der UFO-Mann als Spion der grünen oder meinetwegen violetten Männchen verurteilt worden, hätte es unübersehbare Folgen gehabt:

Die Existenz der außerirdischen intelligenten Wesen, die bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden konnte, wäre juristisch bestätigt worden. Dies könnte die Völkerrechtler vor eine Unmenge von neuen Problemen stellen, einen echten Boom in der Rechtswissenschaft bewirken und viele Arbeitsplätze für Juristen schaffen.

So ein Urteil wäre eine historische, ja epochale Tat: Denn sollte dieses Urteil - und somit die Tatsache, daß die Erde von einer Invasion außerirdischer Mächte bedroht ist - in aller Welt anerkannt werden, könnte das viel mehr Segen bringen, nicht nur die Abschaffung des numerus clausus für die juristischen Fakultäten.

Denn nichts fördert die Einigkeit so wie ein gemeinsamer Feind. Wenn wir einen außerhalb der Erde fänden, könnte man allmählich die irdischen Feindschaften abschaffen.

Den Rüstungsmagnaten kann es doch egal sein, ob sie ihr Geld mit Kurzwaffen oder interplanetaren Atomgeschützen machen; und wir, einfache Brot- beziehungsweise Diätkostesser, würden ruhiger schlafen, wenn wir wüßten, daß es auf der Erde nur noch Waffen gibt, deren Geschosse erst ein paar Millionen Kilometer von unserem Planeten entfernt explodieren.

' Den Diktatoren dieser Welt könnte es auch egal sein, ob sie ihre Völker mit dem Feindbild von Imperialisten, Zionisten und Revanchisten in Polizeifurcht halten, oder mit dem von Weltallaggressoren und Antiterri-sten!

Wäre das nicht schön - so ein vereinigter Allirdischer Stab zur Abwehr der Invasion aus dem Weltall, mit amerikanischen, sowjetischen, arabischen, israelischen - bis zu luxemburgischen Offizieren? Da gäbe es schöne Posten, die die ehrgeizigsten Generäle und Marschälle im wahrsten Sinne dieses Wortes befriedigen könnten und sie auf die kleinen irdischen Kriege verzichten ließen.

Und wie viele Posten entstünden so für Politiker! In der Weltregierung und ihren Ministerien, im Weltparlament, in Kommissionen, Koordinationskomitees, Sektionen und Untersektionen. Alle, die man zu Hause nicht gebrauchen kann, könnte man dorthin abschieben. Sollen sie doch Pläne gegen die Fremdlinge aus dem Weltall schmieden, Strategien aufbauen, Forschungen anstellen, Diskussionen führen...

Der Aufwand wird sich lohnen, zumal das alles zum Teil von den Milliarden bezahlt werden kann, die man jedes Jahr in der Welt für Rüstung ausgibt. Der Wissenschaft und Technik werden sich neue Perspektiven eröffnen, die Wirtschaft wird einen neuen Aufschwung nehmen. Nebenbei wird man auch aus wehrpolitischen Gründen die rückständigen Länder modernisieren und industrialisieren.

Das schönste daran wäre, daß dies alles ein Feind bewirken könnte, der nur juristisch existierte.

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