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Beirat - heute u nd morgen
Nach zehnjährigem Bestehen hat der Beirat für Wirtschafts-und Sozialfragen viel von seinem ursprünglichen Elan verloren. Die Sozialpartner verhandeln auf vielen Ebenen mit der Regierung und untereinander; vor allem sind beiratsähnliche Gebilde, wie das Verbändekomitee beim Finanzminister und die Grundsatzgruppe beim Handelsminister, entstanden, in deren Rahmen die Sozialpartner entsprechende Beratungsaufgaben wahrnehmen. Weiter hat sich eine Reihe von Fachbeiräten bei einzelnen Ministerien entwickelt, so der Beirat für Bauwirtschaftsfragen, für Arbeitsmarktfragen, der Raumordnungsbeirat. In allen diesen Beiräten sind die Sozialpartner neben anderen Stellen und Gruppen vertreten.
Nach zehnjährigem Bestehen hat der Beirat für Wirtschafts-und Sozialfragen viel von seinem ursprünglichen Elan verloren. Die Sozialpartner verhandeln auf vielen Ebenen mit der Regierung und untereinander; vor allem sind beiratsähnliche Gebilde, wie das Verbändekomitee beim Finanzminister und die Grundsatzgruppe beim Handelsminister, entstanden, in deren Rahmen die Sozialpartner entsprechende Beratungsaufgaben wahrnehmen. Weiter hat sich eine Reihe von Fachbeiräten bei einzelnen Ministerien entwickelt, so der Beirat für Bauwirtschaftsfragen, für Arbeitsmarktfragen, der Raumordnungsbeirat. In allen diesen Beiräten sind die Sozialpartner neben anderen Stellen und Gruppen vertreten.
Der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen hat dennoch noch einige Bedeutung für die gegenwärtige Wirtschaftspolitik behalten. Seine Analysen und Untersuchungen zu wichtigen längerfristigen Problemen geben einerseits immer wieder zu breiteren Auseinandersetzungen Anlaß, anderseits liefern sie den Trägern der Wirtschaftspolitik brauchbares Material und manche Entscheidungshilfen. So haben etwa die Beiratsgutachten zur Arbeitszeitverkürzung und zum Preis- und Kostenproblem manche wirtschafts- und sozialpolitische Entscheidungen unmittelbar beeinflußt und erleichtert. Dennoch ist in manchen Bereichen, in denen der Beirat einige Bedeutung hatte, sein Einfluß geschwunden, so vor allem in der Budgetpolitik, wo seine Gutachten zu den Budgetvorschauen des Finanzministeriums eine wichtige Entscheidungshilfe waren.
Der Beirat hat freilich auch neue Aufgaben angegangen. So ist eine Untersuchung über die Wohlfahrtsindikatoren im Gang, von der man nicht nur interessante theoretische Erkenntnisse erhoffen kann. Wie viele andere Stellen untersucht der Beirat auch das Umweltproblem, wobei vor allem die Finanzierungsfragen von Interesse sind. Die Arbeitgeberseite will ein anderes, nicht minder dorniges Finanzierungsproblem in den Beirat bringen, nämlich das der Vorratshaltung mit lebenswichtigen Gütern. Auch die ökonomische Seite des Gastarbeiterproblems wurde vom Beirat behandelt. Ein überwiegend aus Beiratsexperten zusammengesetzter Arbeitskreis für ökonomische und soziologische Fragen, der aus technischen Gründen als eigener Verein arbeitet, hat kürzlich eine umfassende Studie zur sozialen Problematik der Gastarbeiterbeschäftigung herausgebracht, die auf weitreichenden empirischen
Untersuchungen beruht. Mit dieser Studie ist auch für den Wirtschafts-beirat eine Behandlung der volkswirtschaftlichen Problematik der Gastarbeiterfrage leichter geworden.
Diese Themen zeigen wohl deutlich, daß die Experten des Beirates für Wirtschafts- und Sozialfragen auch heute noch durchaus bereit sind, heiße Eisen auch der Innenpolitik aufzugreifen. Obwohl das Interesse der Regierung am Wirtschaftsbeirat
heute ganz offensichtlich gering geworden ist, versucht man im Beirat, bis zu einem gewissen Grad eine geistige Clearing-Stelle der Sozialpartnerschaft zu bleiben. Die Sozialpartner verhandeln ja in den meisten anderen Gremien unter Zeitdruck und vorwiegend unter den Gesichtspunkten der Tagespolitik. Um so wichtiger ist ein Gremium, in dem über die Gegenwartsprobleme hinaus versucht wird, für zukunftsorientierte Entscheidungen Überlegungen anzustellen.
Diese Aufgabe kann der Beirat freilich nur dann erfüllen, wenn ihm wieder mehr Aufmerksamkeit von allen Trägern der Wirtschaftspolitik, insbesondere von der Regierung, geschenkt wird. Die österreichische Wirtschaftspolitik steht vor gewaltigen Aufgaben im Zuge der Integration, der Bewältigung der immer emster werdenden Inflationsproble-
me und bei der Lösung der vielen Strukturfragen unserer Wirtschaftsgesellschaft. Insbesondere ist es das Arbeitsmarktproblem, das von Jahr zu Jahr schwieriger werden wird.
Hier hat der Beirat nach seinen bisherigen Arbeiten wohl die größte Erfahrung und müßte weiter über das Gastarbeiterproblem hinaus sich mit diesen Fragen befassen.
Der Beirat kann alle diese Aufgaben nur dann erfüllen, wenn man ihn möglichst frei und unbehindert arbeiten läßt. Ausländische Erfahrungen zeigen, daß Beiräte dieser Art nur dann fruchtbare Arbeit leisten können, wenn sie eine gewisse Un-
abhängigkeit haben. Der Freiheitsbereich des Wirtschaftsbeirates ist im Lauf seiner zehnjährigen Entwicklung größer geworden. Dennoch könnte noch weiterreichende Unab-
hängigkeit für die weiteren Arbeiten von Bedeutung sein. Geistige Arbeit setzt immer ein gewisses Freiheitsausmaß voraus. Wichtig ist auch, daß sich diese Arbeiten möglichst ohne Zeitdruck bewältigen lassen. Um langfristige Zukunftsprobleme analysieren zu können, bedarf es umfassender Studien, die sich wieder nur bei einer gewissen Ruhe bewältigen lassen.
Der Beirat steht am Beginn seines zweiten Jahrzehnts vor interessanten Fragen. Bis zu einem gewissen Grad ist aber seine Existenz selbst zu ei-
nem Problem geworden. Letztlich ist dies eine Frage der Ordnungspolitik: Braucht man ein solches Koordinie-rungsorgan oder genügen Fachbeiräte und Kontaktgremien wie das Verbändekomitee, in denen lediglich gewisse Verhandlungen geführt werden, nicht aber Studien und Gutachten erarbeitet werden? Je komplizierter die wirtschaftlichen Verhältnisse werden, um so wichtiger wird ein Gremium, das sich bemüht, Zusammenhänge zu sehen und umfassende Konzepte vor Einzellösungen zu stellen.
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