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Christen an die Friedensfront!

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Das sind Auszüge aus der Rede des Wiener Erzbi-schofs beim Studientag „Frieden". Eine Woche später ging es in Eisenstadt wieder um den Christenauftrag zur Weltformung.

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Das sind Auszüge aus der Rede des Wiener Erzbi-schofs beim Studientag „Frieden". Eine Woche später ging es in Eisenstadt wieder um den Christenauftrag zur Weltformung.

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Der Friede zwischen den Menschen braucht den Frieden des Menschen mit Gott. Diese Entschlossenheit bekundet sich nicht darin, daß man „Herr, Herr!" sagt, sondern darin, daß man Gottes Willen tut; daß man seinen Teil zur Uberwindung der Gewalt und Verwirklichung des Friedens beiträgt.

Jeder kann solche Beiträge leisten. Solches beginnt im Umgang miteinander bereits in der Familie ... Es geht weiter im Umgang der Gruppen und Kräfte, der Parteien und Verbände miteinander in Gesellschaft und Staat.

Gewiß gehört der Wettbewerb zu unserem politischen System, z. B. der Wettbewerb um Wählerstimmen, um das Vertrauen der Bürger. Aber ein solcher Wettbewerb ist von Unheil dort, wo er Vertrauen zerstört.

Ohne Zweifel gibt es in einem freien Staat auch einen Gegensatz: Programme stehen gegen Programme, ein Interesse reibt sich am anderen. Ein politisches System, das um eines angeblichen Friedens willen die Freiheit für gegensätzliche Auffassungen aufheben wollte, würde nicht Frieden schaffen, sondern Unterdrückung bedeuten.

Aber das heißt nicht, daß politische Auseinandersetzungen zur Feindschaft ausarten müssen, daß Haß gepredigt wird, daß man dem anderen von vornherein gute Absichten abspricht. Friede in Gesellschaft und Staat heißt nicht Verdrängung oder Unterdrük-kung von Konflikten, wohl aber eine Art des Umganges mit ihnen, die menschenwürdig ist, die das Miteinander nicht vergißt oder gar zerstört.

Darüber hinaus sind es die großen Fragen der Weltpolitik, die uns bedrängen. Seit Jahren beobachten wir, wie das Mißtrauen zwischen den Nationen und Staaten zunimmt, die Angst vor einem großen Krieg wächst...

Österreich liegt mitten in Europa. Es würde einen Weltkrieg ebenso zu spüren bekommen wie andere. Und es gibt eine Pflicht zur Solidarität der Menschen, eine Mitverantwortung der Staaten und Völker für das, was in der Welt geschieht.

Deswegen machen sich in Österreich viele Sorgen um die weltpolitische und die militärische Entwicklung. Deswegen haben sich auch in Österreich Friedensbewegungen gebildet. Deswegen haben sich in diesen Friedensbewegungen auch die Christen zu Wort gemeldet. Deswegen hat auch der Erzbischof von Wien mehrmals seine Stimme erhoben und tut es heute wieder.

Atomwaffen vermögen unerhörte Zerstörungen zu bewirken, die sogenannten strategischen Nuklearwaffen bedeuten Tod und Verderben für ganze Kontinente. Das ist etwas anderes als Waffeneinsatz innerhalb militärischer Operationen.

Daß man sich mit ihrer Bereitstellung abgefunden hat, beruht auf der Überlegung, daß der Mechanismus wechselseitiger Abschreckungen dazu dienen soll, einen Kriegsausbruch zu verhindern.

Inzwischen ist die nukleare Planung weitergegangen: Es gibt „Gefechtsfeldwaffen" und „taktische Nuklearwaffen", die heute nicht mehr dazu da sind, vom Ausbruch eines Krieges abzuhalten, sondern die dazu dienen sollen, Schlachten zu entscheiden, wenn der Krieg einmal ausgebrochen ist. Damit hat sich der Stellenwert der Atomrüstung geändert.

Man hält es für möglich, einen Krieg zu führen, der keiner mehr ist. Denn daß der Atomkrieg sich begrenzen ließe, ist theoretisch zwar möglich, praktisch aber unmöglich.

Daher ist es nötig, daß Menschen guten Willens sich zusammentun und vor weiteren Schritten in Richtung des Verderbens warnen.

Solche Warnungen müssen sich an alle richten, die sich zu solchen Werken des Verderbens rüsten. Die Fachleute sagen mit guten Gründen: Eine Wende zum Besseren kann es nur geben, wenn beide Seiten zu quantitativen Konzessionen bereit sind. Darauf werden die Friedensbewegungen vor allem achten müssen. Wenn man nur eine Seite unter Druck setzt, ist es unwahrscheinlich, daß beide Seiten zu Konzessionen bereit sein werden.

In diesem Sinn und mit diesen Hinweisen sollen die Christen sich ermutigt fühlen, an der Bemühung um den Frieden mitzuwirken, ihren Anteil an den Friedensbewegungen mitzutragen. Sie sollen allerdings daran denken, daß ihr Beitrag im Ringen um den Frieden der Welt vom Gedanken an den Frieden Christi beseelt sein muß.

Politisches Engagement ist gut und nötig. Aber es muß sich der Gewissenserforschung aussetzen, ob denn der innerste Antrieb das Streben nach Menschlichkeit und Gerechtigkeit ist und ob das konkrete Handeln auch vor dem Forum der Vernunft standhalten kann...

Österreich bedroht den Frieden von niemanden. Der rein defensive Charakter der österreichischen Landesverteidigung wird von niemandem bestritten. Die „Abhaltestrategie", zusammen mit der Planung einer Raumverteidigung, bedeutet keinerlei Gefährdung der Stabilität.

Unsere Mitbürger in Uniform können daher mit Fug und Recht betonen, daß auch sie einen Friedensdienst leisten.

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