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Christliche Studenten wollen europaweit zusammenarbeiten

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Den Universitäten-als geistige Zentren jedes Staates - ist seit jeher eminente Bedeutung zugekommen. Dieser Einfluß hat sich im Laufe der letzten zweihundert Jahre in zunehmendem Maße auf alle gesellschaftspolitischen Bereiche ausgedehnt - haben doch fast alle gesellschaftsverändern-den Strömungen ihren Ausgang an den Hochschulen genommen.

Zur Zeit ist die Lage an den Universitäten besonders prekär. Die Folgen der heutigen Bildungspolitik legen sich klar dar: die „Hohen Schulen“ quellen über. Mit einem gewissen Verzögerungseffekt schnellen die Absolventenziffern in die Höhe, und da und dort spricht man bereits von einer „versteckten“ Akademikerarbeitslosigkeit.

Daß dies nicht lange gut gehen kann, dürfte mit Ausnahme der verantwortlichen politischen Instanz allen klar sein. Was uns erwartet, wenn diese Art der Bildungspolitik fortgeführt wird, erhält man tagtäglich via Fernsehen, Radio oder Zeitung ins Haus geliefert. Uber den italienischen Universitäten beispielsweise wehen bereits die schwarzen Fahnen der Anarchie, und in Rom balgen sich 170.000 Studenten um 20.000 Studienplätze.

Die Situation in Deutschland (und anderen westeuropäischen Ländern) ist allgemein bekannt. Die Politiker versuchen mit verschiedenen Mitteln wie Numerus Clausus, verschärften Studienbedingungen, weniger Angeboten an Lehrveranstaltungen dagegen anzukämpfen. Trotzdem sind Akademikerarbeitslosigkeit und politischer Extremismus die Folgen und tagespolitische Realität geworden.

Daß die Situation sich in Österreich noch nicht so bedenklich darstellt» hat verschiedene Ursachen. Hier spielt die Studentenvertretung eine bedeutende Rolle, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges von christlichen Studentengruppen dominiert wird.

Der österreichische Cartellverband (ÖCV) hat aus seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung heraus stets hochschulpolitisches Engagement von seinen Mitgliedern gefordert. Diese Betätigung erfolgte zuerst im „Wahlblock“ und nach dessen Auflösung 1968 primär in der ÖSU, die selbst eine Gründung des ÖCV ist. Darüber hinaus beschäftigen sich die verschiedenen Gremien im ÖCV permanent mit hochschulpolitischen Problemen, die dann von einzelnen CVern in die Praxis umgesetzt werden.

Leider wird (und wurde auch) von anderen christlichen Hochschulorganisationen dem hochschulpolitischen Engagement nicht die gleiche Bedeutung eingeräumt, darüber hinaus ist es sehr schwierig, eine gemeinsame Linie zu finden. Trotzdem gelang es im vergangenen Jahr der ÖSU, die absolute Mehrheit zu erringen, was in Europa ein Unikum darstellt, da in den meisten anderen Staaten Westeuropas die Studentenszene von ultralinken Gruppierungen beherrscht wird.

Aus diesen Gründen ist es leicht erklärbar, warum es in Österreich noch nicht zu so anarchistischen Zuständen gekommen ist, wie Frankreich, Italien oder die Bundesrepublik Deutschland sie leidvoll erfahren mußten. Der ÖCV unterstützt und fördert das Engagement seiner Mitglieder in der Hochschulpolitik. Einerseits arbeitet das Präsidium des ÖCV-Studentenver-bandes an einem umfassenden Bildungskonzept, anderseits wird der österreichische CV im Rahmen des Europäischen Kartellverbandes (EKV) in nächster Zeit besonders auf die bestehenden Probleme hinweisen und eine gesamteuropäische Lösung anstreben. Der CV hat dabei den großen Vorteü, sich nicht auf wahltaktische Überlegungen einlassen zu müssen, da er nicht unter dem Zwang steht, eine Hochschulwahl gewinnen zu müssen.

Als erster Schritt in dieser gesamteuropäischen Planung wurden bereits Gespräche zwischen dem deutschen

und dem österreichischen CV geführt, die im Februar und März in Wien stattfanden. Bei diesen Gesprächen wurde ein permanenter Erfahrungsaustausch in hochschulpolitischen Belangen vereinbart. Ähnliche Kontakte werden noch in diesem Jahr mit dem Schweizer Studentenverein geführt, der mit dem deutschen und österreichischen CV durch ein Verbändeabkommen verbunden ist.

Darüber hinaus soll diese Köopera-ti&nf die -vorerst-auf de«-deutseh$pra-chigen Raum ausgerichtet ist, weiter ausgedehnt werden - die Anbahnung einer Veständigungsbasis mit belgischen Hochschülergruppen kann als weiteres Resultat verbucht werden. Als Nahziel wird eine internationale Plättform der christlichen Hochschulorganisationen angestrebt, die einerseits die einzelnen Verbände bei der Verfolgung ihrer nationalen Interessen unterstützen soll und zum zweiten eine Vertretung der kollektiven Interessen bei den europäischen Instanzen (Europarat, künftiges Europaparlament) ermöglichen kann.

Natürlich wird sich der CV verstärkt in hochschul- und bildungspolitischen Belangen zu Wort melden und seine Mitarbeit bei den anstehenden Problemen anbieten.

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