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Der Bier dunst hat sich längst verzogen

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Die späten sechziger Jahre sind am CV nicht spurlos vorübergegangen. Die Studentenrevolte, die sich mit einer Phasenverschiebung auch in Österreich bemerkbar machte, die Unsicherheit in der Kirche und der Verlust der Regierungsverantwortung für jene Partei, der der CV naturgemäß am nächsten steht, haben sich auch auf den größten katholischen Studenten- und Akademikerverband Österreichs ausgewirkt. Um der dadurch hervorgerufenen Ziel- und Konzeptlosigkeit im ÖCV entgegenzutreten, wurde 1971 die Errichtung einer Bildungsakademie beschlossen. Der Grazer Universitätsassistent Dr. Maximilian Liebmann hatte als damaliger CV-Bildungsreferent die Chance erkannt, eine Institution aufzubauen, wie sie kaum wo anders zu finden ist.

Noch vor Errichtung der Parteiakademien wurde damit eine Erwachsenenbildungsinstitution geschaffen, deren Hauptaufgabe die politische Bildung im weitesten Sinn ist. Interessant ist auch die Tatsache, daß es keinen Verein, keinen Verband, keine Partei gibt, deren Mitglieder in einem bestimmten Zeitraum zweimal ein Seminar von einer Woche Dauer absolvieren müssen. In der ersten Woche, die von jedem C Ver in den beiden ersten Semestern besucht werden muß, werden grundlegende Fragen der Politik, des Christentums, der Wirtschaft, der Sozialwissenschaften, aber auch der Kunst behandelt Die zweite Woche, vor Beendigung des Studiums, versucht, auf wissenschaftlich hohem und kaum vergleichbarem Niveau die Kenntnisse der bereits angeführten Themen zu vertiefen^ Spezialseminare, Rhetorik, Gruppendynamik usw., ergänzen das Programm.

Als vor zwei Jahren der Grazer Universitätsdozent Dr. Wolfgang Mantl,Mitglied des FURCHE-Herausgeber-beirates, die Nachfolge Liebmanns antrat, war die Aufbauphase abgeschlossen. Das Hauptaugenmerk lag auf Veranstaltungen, die in die Öffentlichkeit - vor allem in den katholischen Raum - wirkten. Bahnbrechend war das Symposion „zehn Jahre nach dem Konzil“ im Dezember 1975, auf dem ÖVP-Bundesparteiobmann Josef Taus sich über den „Politischen Katholizismus“ äußerte. Obwohl dies nicht ungeteilt aufgenommen wurde, ist die Diskussion über Staat und Kirche sowie die seit einiger Zeit geführte „Ideologiedebatte“ davon sicherlich maßgeblich beeinflußt worden.

Die ÖCV-Bildungsakademie will die Diskussion über diese Problematik bewußt weiterführen. Daher findet vom 14. bis 16. Jänner 1977 im Bildungshaus St. Gabriel/Mödling ein Symposion zum Thema „Das Christliche in der säkularisierten Gesellschaft“ statt. Höhepunkt dieser Veranstaltung wird eine abschließende Diskussion mit Bischof Wagner, Minister Sinowatz, ÖAAB-Obmann Mock und KA-Präsident Ploier sein. Ende April wird sich eine Veranstaltung mit dem „österreichischen Sozialismus“ kritisch auseinandersetzen.

Es ist hier in den letzten fünf Jahren im katholischen Bereich eine Einrichtung geschaffen worden, die bewußt über die eigenen Vereinsgrenzen hinaus in den katholischen Raum hineinwirkt. Dies wird aber vor allem als dienende und integrierende Funktion verstanden.

Verbandspolitisch versteht sich die Akademie als Möglichkeit, falsche Klischeevorstellungen über den CV in der Öffentlichkeit, auch wenn sie befreundet ist, abbauen zu helfen. Der Bierdunst hat sich schon lange verzogen.

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