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Das Malheur

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,JZine Große Koalition — iias ist das größte Malheur für Österreich“: Die sozialistische „AZ“ rückte diese Aussage Bruno Kreiskys am 25. Juli auch in die Titelzeile. Der Alte warnt vor der politischen Apokalypse.

Aber worin läge der Schrecken eines Regierungsbündnisses zwischen den beiden Großparteien in einer Zeit, in der eine galoppierende Staatsschuld, eine bald nicht mehr zu finanzierende Sozialversicherung, eine vor dem Bankrott stehende Staatsindustrie und eine in die Sackgasse geratende Energiepolitik dringend nach radikal neuen Lösungen schreien?

In der .Jileinen Zeitung“ erklärte Kreisky zur selben Zeit seine Abscheu vor der Großen Koalition mit der Behauptung ihrer Leistungsunfähigkeit.

In der „AZ“ war der Architekt der heutigen rot-blauen Koalition und Urheber der meisten ihrer Probleme ehrlicher. Da sagte er wörtlich: "Die paar Zugeständnisse, die man ihnen (den Freiheitlichen) in der Regierung machen muß, sind lächerlich gering im Vergleich zu dem, was die ÖVP uns abverlangen würde.“

Das also ist die Wahrheit: Was allein zählt, ist der Machtanteil der SPÖ! Ihn schmälert die FPÖ nur in lächerlich-geringem Ausmaß! Wenn das nicht sitzt...

Das erwähnte „AZ“-Inter-view enthält auch noch eine zweite Passage, die Kreisky als parteipolitischen Zyniker entlarvt: Das Thema Waldheim darf seiner Meinung nach „nicht vom politischen Tapet verschwinden“, weil „wir (Sozialisten) die Intellektuellen, die sich im Präsidentschaftswahlkampf so gegen ihn engagiert haben, weiter brauchen“.

Nicht die Person, nicht der Mensch, auch nicht das höchste Amt im Staat zählen also bei der Frage, ob die Waldheim-Agitation weitergehen soll, auch von historischen Fakten ist nicht die Rede — nur davon, daß die SPÖ mit Hilfe des Themas Waldheim davongelaufene Intellektuelle zurücklocken könnte.

Solch zynischer Opportunismus verlängert das Sündenregister, das Dieter Len-hardt in seinem scharfsinnigen Buch .Midlife Crisis der Republik“ als Schlußbilanz der Ära Kreisky — ungeachtet seines „weit überdurchschnittlichen Gewichts und seiner historischen Bedeutung“ — geortet hat.

Oft hat sich Kreisky früher bei Würdigung ehemaliger Amtsträger der SPÖ durch politische Gegner geärgert, daß „nur tote Indianer gute Indianer sind“. Er tut noch als Pensionist alles, um sich selbst ein solches Schicksal zu ersparen. Das Malheur heißt Kreisky.

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