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Das Verhältnis von Ethik und Wirtschaft und die Kirche

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Eruptionsartig wird nun wieder der Ruf nach der Ethik laut. Diesem Bedarf trägt der Sammelband „Ethik - Wirtschaft - Kirche. Verantwortung in der Industriegesellschaft" Rechnung. Die Wirtschaft scheint sich ihrer Ziele nicht mehr so sicher zu sein, die Kirche als politisch-ethische Institution steht selbst in einem Spannungsverhältnis zur Wirtschaft und außerdem in einer Glaubwürdigkeitskrise, die es ihr nicht so ohne weiteres ermöglicht, der Welt ethische Direktiven zu verpassen.

26 Beiträge einer internationalen Autorengruppe um Wolfgang Mar-hold und Michael Schiblisky versuchen, die Verantwortung in der Gesellschaft neu zu verteilen.

Einer, der die Krise der katholischen Kirche als Krise der Glaubwürdigkeit frühzeitig erkannte und auch so benannte, war Johannes Klein-happl. Er verstarb 1979 in Wien, war Jesuit und wurde 1954 nach einer nur acht Monate währenden Professur für Moraltheologie an der Universität Innsbruck wegen Differenzen mit der kirchlichen Lehre vorzeitig pensioniert.

Auf die Hintergründe dieses unrühmlichen Kapitels kirchlicher Wissenschaftspolitik kann hier nicht eingegangen werden. Seine Gegnerschaft zur herrschenden Naturrechtslehre innerhalb der christlichen Soziallehre war jedoch notorisch.

Es ist das Verdienst seines Mitarbeiters Emst van Loen, den wissenschaftlichen Nachlaß Kleinhappls bearbeitet und in einem ersten Band unter dem Titel „Christliche Wirtschaftsethik. Analysen, Essays und Fragmente" herausgegeben zu haben. Im wesentlichen geht es hier um eine Reethisierung der Wirtschaft in Kirche und Welt.

Der Herausgeber stellt in einer ausführlichen Vorrede Kleinhappls Werk in den Rahmen der sozialen und ökonomischen Theorien vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Aus den Texten wird der Grundzug der Theorie Kleinhappls deutlich: Er behauptet eine Abweichung der kirchlichen Lehrtradition vom christlichen Menschen- und Weltbild durch allzu starke Anlehnung an das kapitalistische Mehrwertstreben.

Das verdienstvolle Unternehmen sollte die Diskussion anregen und die in jedem Fall noch zu leistende Rehabilitierung Kleinhappls einleiten; eine etwas kritischere Bearbeitung durch den Herausgeber hätte allerdings gut getan.

ETHIK - WIRTSCHAFT - KIRCHE. Verantwortung in der Industriegesellschaft. Herausgegeben von Wolfgang Marhold und Michael Schiblisky. Patmos Verlag, Düsseldorf 1991. 432 Seiten, öS 310,50.

JOHANNES KLEINH APPL. CHRISTLICHE WIRTSCHAFTSETHIK. Analysen, Essays und Fragmente aus dem Nachlaß. Herausgegeben und eingeleitet von Emst van Loen. Herder Verlag, Wien 1991.416 Seiten, öS 455,-.

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