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Der Weg zum Staat

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Von 37 Staaten wurde das neu ausgerufene „Palästina“ bereits anerkannt. In Österreich gibt es ab 29. November eine Palästina-Woche, veranstaltet von den arabischen Klubs.

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Von 37 Staaten wurde das neu ausgerufene „Palästina“ bereits anerkannt. In Österreich gibt es ab 29. November eine Palästina-Woche, veranstaltet von den arabischen Klubs.

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Am 15. November beschloß der palästinensische Nationalrat in Algier eine Unabhängigkeitserklärung und die Ausrufung eines Staates. Dieser Schritt war durch mehrere Faktoren notwendig und sinnvoll geworden.

Notwendig, um dem schon fast ein Jahr andauernden Aufstand in den von Israel besetzten Gebieten (Intifada) konkreten politischen Ausdruck zu verleihen, sinnvoll, weil Jordaniens König Hussein durch seine „Abkoppe-lung“ vom Anspruch auf eben-diese Gebiete ein völkerrechtliches Vakuum geschaffen hatte, das es zu füllen galt.

Mehr noch als bei früheren Sitzungen des höchsten Gremiums der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO (siehe Kasten) waren zwei Tendenzen spürbar: einmal den Interessen der Bevölkerung in den besetzten Gebieten Vorrang vor den Interessen des palästinensischen Exils einzuräumen und zum andern US-amerikanischen Vorbedingungen einer palästinensischen Teilnahme an einer eventuellen internationalen Nahost-Konferenz entgegenzukommen.

Auffallend sind wahrscheinlich unbewußte Analogien zur israelischen Unabhängigkeitserklärung aus dem Jahre 1948, die sich ebenfalls auf die UN-Teilungsresolution aus dem Jahre 1947 stützte und zu einem Zeitpunkt erlassen wurde, als der Staat noch nicht wirklich bestand.

Die Analogie geht aber weiter. Wie die israelische Unabhängigkeitserklärung jedem Juden, „wo immer er ist“, Identität und Staatsbürgerschaft anbot, so bezieht sich auch die palästinensische Erklärung von Algier auf jeden Palästinenser, „wo immer er ist“. Wir sind also in gewisser Weise wieder beim Ursprung des Konflikts angelangt: Denn der israelische Anspruch“steht am Anfang des palästinensischen Exils.

Analogien lassen sich noch in einer anderen Hinsicht feststellen: In der Frage der Anerkennung. Als Osterreich 1980 die PLO diplomatisch anerkannte (und fälschlich annahm, daß diesem Schritt die meisten europäischen Staaten folgen würden), konzentrierten sich die Einwände der damals oppositionellen ö VP auf den Bruch mit einer Tradition, nur Staaten diplomatisch anzuerkennen.

Demgegenüber argumentierte Bruno Kreisky, es handle sich um eine neue Form diplomatischer Anerkennung: Durch den gesetzten Schritt würde das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat anerkannt.

Schon damals wurde (vom Völkerrechtler Wolfgang Benedek) auf einen interessanten Präzedenzfall hingewiesen: die Jewish Agency (siehe Kasten). Diese wurde von mehreren Staaten sowie den Vereinten Nationen als Vertretung des jüdischen Volkes auf dem Wege der Staatswerdung (Israels) anerkannt.

Wie die Anerkennung der PLO damals ist die Anerkennung des palästinensischen Staates heute eher ein politisches als ein völkerrechtliches Problem. Es könnte eingewendet werden, daß ein Staat ohne wohldefiniertes Territorium nicht anerkannt werden könnte.

Die Verwendung dieses Arguments hätte aber politische Gründe, ebenso wie die Behauptung, eine Anerkennung der Resolution 242 sei noch nicht gleichbedeutend mit einer Anerkennung Israels. Interessant, daß solche Einwände heute von Alois Mock nicht zu erwarten sind. Der Vizekanzler und Außenminister wird sogar zum Internationalen Solidaritätstag für Palästina, am 29. November, vor der UNO in New York sprechen.

Da die PLO einige der US-Bedingungen erfüllt hat, kann angenommen werden, daß die Anerkennung des palästinensisehen Staates etwas größer sein wird als jene, welche die PLO sowieso schon erfahren hat.

Die PLO wird mittlerweile von mehr Staaten als Israel selbst anerkannt. Entscheidend sind aber die USA und letztlich Israel selbst. Erst dann könnten sich auch die „facts on the ground“ bewegen.

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