Israels Staatsterroristen zur Räson bringen

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Israel scheint entschlossen, die Situation nach dem 11. September konsequent zu seinem eigenen Vorteil auszunützen.

Der sogenannte Friedensprozess im Nahen Osten ist wieder einmal in einer völlig aussichtslosen Situation, viele sprechen davon, dass der mit so vielen Hoffnungen begonnene "Oslo-Prozess" nun endgültig gescheitert sei. Auch der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon hat sich bereits mehrfach entsprechend geäußert.

Auch ich bin der Ansicht, dass der Oslo-Prozess gescheitert ist, allerdings aus völlig anderen Überlegungen als israelische Falken des Schlages Sharon. Es gäbe viel zu sagen, um die historischen, politischen und psychologischen Hintergründe des israelisch-palästinensischen Konfliktes verständlich zu machen. Dies würde das Ausmaß eines Kommentars aber bei weitem sprengen, ich möchte mich daher auf wenige Aspekte beschränken, auch auf die Gefahr hin, missverstanden zu werden:

Zunächst eine Assoziation zum derzeitigen israelischen Ministerpräsidenten Sharon. Sein ebenfalls aus der Likud-Partei kommender Amtsvorgänger Yitzhak Shamir meinte zu Beginn der internationalen Nahost-Friedenskonferenz in Madrid Ende Oktober 1991, er werde dafür sorgen, dass diese unter internationaler Schirmherrschaft stattfindenden Verhandlungen ohne ein konkretes Ergebnis bis in alle Ewigkeit geführt würden. Dieses Zitat charakterisiert die Einstellung der israelischen Rechten. Sie erklären sich zwar unter internationalem Druck zu Verhandlungen bereit, sind aber zu keinen wirklichen Zugeständnissen bereit. Sharon ist in dieser Hinsicht ein würdiger Nachfolger Shamirs. Die besondere Skurrilität der jetzigen Situation besteht darin, dass Sharon den Sozialdemokraten Shimon Peres als Stellvertreter und Außenminister in seiner Regierung hat, dessen Partei immerhin zu den Architekten des Oslo-Prozesses gehört.

Der mit der spektakulären Zeremonie vor dem Weißen Haus am 13. September 1993 begonnene Oslo-Friedensprozess hat zwar bei vielen Beobachtern große Hoffnungen erweckt, er hat aber von Beginn an große Mängel aufgewiesen. Der prinzipielle Fehler lag darin, dass man die endgültige Klärung der wirklich heißen Eisen (Errichtung eines eigenständigen palästinensischen Staates mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt, Recht der palästinensischen Flüchtlinge auf Rückkehr in ihre Heimat, Rückgabe der 1967 von Israel besetzten Gebiete und Räumung der dort illegal errichteten israelischen Siedlungen) an das Ende einer fünfjährigen Übergangsphase verschoben hat. Unter der Annahme, dass diese fünf Jahre für einen Friedensprozess mit vertrauensbildenden Maßnahmen genützt würden, hätte diese Vorgangsweise vielleicht noch Sinn gehabt. Aber leider ist in den Jahren seit 1993 viel mehr an politischem Porzellan zerschlagen als Vertrauen geschaffen worden.

Dazu zwei Beispiele: Obwohl an sich in der Osloer Grundsatzvereinbarung eine Rückgabe der besetzten Gebiete und eine weitgehende Räumung der israelischen Siedlungen festgelegt wurde, hat sich die Zahl der Siedler seit 1993 mehr als verdoppelt. Die Lebenssituation in den 1994 geschaffene autonomen palästinensischen Gebieten ist aufgrund ständiger Abriegelungen und zuletzt auch aufgrund des oftmaligen Eindringens der israelischen Armee in diese Gebiete unerträglich. Wer die Zustände in diesen autonomen Inseln genauer analysiert kann nicht umhin, diese als schlechtere "Homelands" zu bezeichnen. Und es gäbe noch zahlreiche weitere Beispiele, die den Eindruck entstehen lassen, dass Israel gar keinen gerechten und fairen Frieden mit den Palästinensern erreichen will.

Die Politik des aus seiner eigenen Vergangenheit hinlänglich bekannten Ariel Sharons (siehe seine Verantwortung für die Massaker in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Shatila in Beirut!) stellt daher für die Palästinenser eine gefährliche Drohung dar. Die Ereignisse der Tage und Wochen seit dem 11. September dieses Jahres beweisen leider auch, dass Israel gewillt ist, die Situation entschlossen zu seinen Gunsten auszunützen. Es ist höchste Zeit, dass die internationale Staatengemeinschaft auch die israelischen (Staats)Terroristen zur Räson bringt.

Der Autor ist Generalsekretär der "Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen". Er hat vor kurzen im Promedia-Verlag das Buch "Befreiungskampf in Palästina" herausgebracht.

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