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Harmonie in Weltanschauung

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Die in Warschau erscheinende Zeitung „Slowo Powszechne”, die von der regimenahen katholischen „Pax”-Gruppe herausgegeben wird, hat in ihrer neuesten Ausgabe dazu aufgefordert, nicht auf die Angriffe zu reagieren, die in letzter Zeit von atheistischer Seite gegen die katholische Kirche in Polen vorgetragen worden sind. Vielmehr müsse alles getan werden, um Konfliktsituationen zu vermeiden. Das Blatt weist darauf hin, daß hinter diesen Angriffen nicht die polnische kommunistische Partei stehe, die, wie ihre Parteitagsthesen bewiesen hätten, eine Zusammenarbeit zwischen Katholiken und Marxisten bejahe und keine gespaltene Nation wünsche.

„Slowo Powszechne” führt als Beweis für diese Behauptung einen Artikel des Atheisten und scharfen Kritikers des Katholizismus Doktor Myslek in der theoretischen Zeitschrift „Argumenty” an. Der Publizist hatte in seinem Beitrag festgestellt, daß die Angriffe gegen die katholische Kirche von „Revisionisten” und „Dogmatikern” ausgegangen seien und nichts mit den in der Partei herrschenden generellen Tendenzen zu tun hätten. Die betonte Kirchenfeindschaft sei der einzige „radikale Punkt” der polnischen „Revisionisten”. Nach Ansicht Doktor Mysleks nur deswegen, damit sie ihrem „politischen Klientel” überhaupt noch einen Punkt vorweisen können, in dem sie „radikal” seien. Ein „Radikalismus” wäre jedoch auf anderen Gebieten weitaus notwendiger. Die „Dogmatiker” hingegen würden die Kirche mit althergebrachten primitiven Methoden attackieren, die, an dem heutigen Wissensstand gemessen, kaum noch Überzeugungskraft hätten. Diese Angriffe bezeichnete der atheistische Publizist als eine „Verbiegung der marxistischen Haltung gegenüber der Religion”. Diesen „Deformierungen” der beiden Richtungen müsse entgegengetreten werden, da sie „zu einer Verschärfung der Beziehung zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen führen, gegen die prinzipiellen Grundsätze des Zusammenwirkens gerichtet sind und zu einer Gegenreaktion der anderen Seite führen”.

„Slowo Powszechne” zitiert die entscheidenden Passagen des Myslek-Artikels, den sie als „achtenswert” bezeichnet, und fügt den Wortlaut der Parteitagsthesen der polnischen KP hinzu, die das Verhältnis der polnischen KP zur Religion gekennzeichnet hätten. Diese Thesen lauten: „Die Partei ist vom Streben nach Festigung der Einheit des Volkes und vom Programm der nationalen Einheitsfront geleitet. Sie spaltet die Bevölkerung nicht hinsichtlich der Verhältnisse zur Religion, sondern bewertet die Haltung der Bürger nach ihrer Einstellung zu den Staatsinteressen und den Aufgaben des sozialistischen Aufbaues. In dieser gemeinsamen Arbeit für Polen, den Sozialismus und den Frieden wirken Gläubige und Nichtgläubige einträchtig zusammen, verbunden durch die Gemeinsamkeit der Klassen- und nationalen Interessen, durch die Gemeinsamkeit der patriotischen Ziele.” Diese in den Thesen des Parteitages der polnischen KP, der soeben zu Ende ging, enthaltenen Formulierungen, erklärt „Slowo Powszechne”, seien nichts anderes als eine An- erkennug der Notwendigkeit einer „harmonischen Gestaltung der Beziehungen von Menschen unterschieidlicher Weltanschauung” in Polen.

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