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Geht es um Wirtschaft oder Wahl?
Der ÖGB hat sich nun festgelegt: In drei Etappen von je zwei Tagen soll ab 1983 der Mindesturlaub von vier auf fünf, der Urlaub für Dienstnehmer, die schon ein Vierteljahrhundert Arbeit hinter sich haben, von fünf auf sechs Wochen verlängert werden.
Das, so ist Gewerkschaftspräsident Anton Benya überzeugt, könne der österreichischen Wirtschaft zugemutet werden. Und davon will der ÖGB keinerlei Abstriche hinnehmen: Verhandlungsspielraum null.
Grundsätzlich ist das Vorhaben, schrittweise die Arbeitszeit zu verkürzen, nicht unvernünftig. Nur darf diese dosierte Arbeitszeitverkürzung nicht für sich in Anspruch nehmen, ein Instrument der Beschäftigungspolitik zu sein: Welcher Klein- und Mittelbetrieb kann und wird deshalb schon eine zusätzliche Arbeitskraft einstellen? Wahrscheinlicher ist, daß die zusätzlichen zwei Urlaubstage häufig durch Uberstunden wettgemacht werden.
Daher sollte man auch ehrlich genug sein, das Kind beim richtigen Namen zu nennen: Die schrittweise Urlaubsverlängerung mit vollem Lohnausgleich ist eine sozialpolitische Maßnahme. Und da ist die Frage berechtigt, ob wir uns das leisten können und sollen.
Denn fraglos verschlechtert sich durch den Kosteneffekt die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Ob das arbeitsplatzschaffende Wirkung hat?
Finanzminister Herbert Saldier plädiert jedenfalls hartnäk-kig und überzeugend dafür, daß die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit ein Opfer wert ist: Lohnabschlüsse unter der Inflationsrate sollen die Exportchancen ebenso wie die Erträge unserer Unternehmen verbessern.
Dafür spricht, wenn man den Kosteneffekt der Löhne hervorhebt, vieles. Dagegen spricht, daß der mit sinkenden Realeinkommen verbundene Ausfall bei der inländischen Konsumnachfrage unter Umständen größer als die erreichte Exportsteigerung sein könnte.
Wenn man aber Einkommensverzichte — und die breite Zustimmung zu Salchers Appell läßt darauf schließen- der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit zuliebe für notwendig und sinnvoll hält, so ist es sinnwidrig, den positiven Effekt des Opfers durch eine Urlaubsverlängerung mit Lohnausgleich zu unterlaufen.
Vielleicht sollte man” das eine tun und das andere nicht lassen, also die Arbeitszeit ohne jeden Lohnausgleich verkürzen. Besondere Situationen erfordern eben besondere Maßnahmen.
Jetzt ergibt sich nämlich der Verdacht, daß sich die Arbeitnehmer selbst etwas mehr Freizeit durch etwas weniger Lohn erkaufen müssen.
Ein wirtschaftspolitisches Konzept ist dahinter schwer zu erkennen. Unschwer sind dagegen wahltaktische Überlegungen auszumachen.
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