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Guter Wille statt Zwang

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Bis 1981 soll, kündigte Justizminister Christian Broda in der Vorwoche an, ein Entwurf für ein österreichisches Produkthaftungsgesetz vorliegen. Damit würde jedem Produ-

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Bis 1981 soll, kündigte Justizminister Christian Broda in der Vorwoche an, ein Entwurf für ein österreichisches Produkthaftungsgesetz vorliegen. Damit würde jedem Produ-

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zenten die volle, verschuldensunabhängige haftungsrechtliche Verantwortung für die Beschaffenheit seiner Erzeugnisse auferlegt. Wir haben zu diesem Thema die

Konsumentenschutz-Staatssekretärin Anneliese Albrecht und den Präsidenten des Freien Wirtschaftsverbandes der SPÖ, Kurt Mühlbacher, als Autoren eingeladen. Beide sind für kleine Schritte. Während aber Albrecht in der Produkthaftung nur den logischen letzten Schritt im Konsumentenschutz sieht, weist Mühlbacher auch auf Probleme hin, die sich daraus für die Wirtschaft ergeben. Die FURCHE wird die Diskussion über dieses ebenso heikle wie heiße Thema fortsetzen.

Der Konsument steht im Mittelpunkt von vielerlei Interessen. Die Wirtschaft, Industrie und Handel hängen letztlich von seiner Konsumbereitschaft ab, von seinem Kaufwillen und -möglichkeiten und sie versuchen daher, ihn zu gewinnen.

Die Organisationen wieder, die sich angesichts der Gefahren gebildet haben, die so ein einseitiges Anpeilen immerhin mit sich bringen kann, sehen ihre Aufgabe darin, die speziellen, ureigensten Interessen des Kon-

sumenten zu vertreten. Diese Interessen werden vielfach anders geartet sein als die der Anbieter, müssen aber anderseits nicht komplett verschieden sein.

Konsumentenschutz ist heute ein wesentlicher Teil der Konsumentenpolitik der industrialisierten Staaten und er erfaßt eine ganze Reihe von Teilgebieten: Geschützt soll der Konsument vor der Gefährdung seiner

Gesundheit werden, das betrifft im besonderen Herstellung, Produktion und Verkauf von Lebensmitteln.

Die Überlegungen des Gesundheitsschutzes waren ja wesentlich entscheidend für die Bestimmungen des neuen Lebensmittelgesetzes in unserem Land, das immerhin zwei Jahre lang einen parlamentarischen

Unterausschuß befaßte, ehe das Gesetz, im übrigen einstimmig, beschlossen werden konnte.

Zu schützen ist der Konsument aber auch vor Übervorteilung, Überrumpelung und Täuschung. Dabei ist einleuchtend, daß die am wenigsten informierten, daher gutgläubigen Konsumenten die häufigsten Opfer übler

Geschäftspraktiken sind. Zu ihnen gehören sehr häufig ältere Menschen mit schmaler Brieftasche.

Unseriösen Geschäftemachern ist das Handwerk durch das im Justizministerium entwickelte und seit 1. Oktober geltende Konsumenten-

schutzgesetz zwar weitgehend gelegt, aber Achtsamkeit, was die Einhaltung der neuen Bestimmungen betrifft, ist weiterhin höchst am Platze und sicherlich mit ein noch zu verstärkender Schwerpunkt aktueller

Konsumentenpolitik.

Alle bisher erfolgten Initiativen einschließlich der für viele Waren bereits eingeführten Kennzeichnungspflicht, aus der Qualität, Inhalt, Haltbarkeit und Preis ersichtlich werden, sind vor allem auf den recht massiven

Druck der Verbraucherorganisationen zurückzuführen, die sich zum Schutze der Konsumenten formiert haben.

Konsumentenschutz ist in einer Zeit, in der immer raffiniertere, immer vielfältigere Produkte auf den Markt kommen, unentbehrlich geworden. Zu den Möglichkeiten der Erzeugung kommt eine mit viel Geld und psychologischen Effekten ausgestattete Werbeindustrie. Auch daraus ergibt sich die Notwendigkeit des Konsumentenschutzes, seiner Kontrolle und seiner Mitbestimmung.

Konsumentenschutz wird sich also mit zahlreichen Fragen und Problemen zu befassen haben, wobei vorrangig auch das Bestreben zu direkten Kontakten nach allen Seiten hin notwendig ist. Es geht dabei durchaus nicht um generelle Zwangsmaßnahmen, aber es geht sehr wohl darum, den Konsumenten vor üblen Methoden zu schützen, die nicht allein das betreffen, was heute schon gesetzlich ohnedies untersagt ist.

Nicht am Rande, sondern grundsätzlich sei dazu bemerkt, daß etwa Firmen und Werbefachleute auch geschäftlich gut beraten wären, wenn sie die Erfolgschancen der Reklame nicht im peinlich Einfältigen, im Rol-

lenfixierten und in allgemeinen Klischees sähen. (

Was sollten aber neben solchen sicher längerfristigen Vorhaben die unmittelbaren Ziele des Konsumentenschutzes sein?

Hierzulande ist gerade in den letzten Jahren Beachtliches für den Konsumenten geschehen. Dennoch drängen sich einige höchst aktuelle Probleme auf, die rascher gelöst werden sollten.

Dazu gehört etwa, daß gefährliche Produkte, die schuldtragend an zahlreichen, auch tödlichen Unfällen sind, besser erfaßt und gegebenenfalls aus dem Verkehr gezogen werden müßten.

Dazu gehört etwa die Erweiterung der Kennzeichnungspflicht, vor allem auf entflammbare Textilien. Es bleibt unfaßbar und unverantwortlich, daß z. B. Kinderpyjamas aus leicht entflammbarem Material erzeugt werden.

Verbesserter Konsumentenschutz, vor allem auch auf diesen aus dem großen Komplex herausgegriffenen Gebieten, wird zweifellos leichter zu erreichen sein, wenn alle, die mit Konsumentenfragen zu tun haben, nicht zuletzt also auch die Konsumenten selbst, noch aktiver werden. Bereitschaft zu Kontakten, zur Diskussion und Zusammenarbeit gehört dazu. Nur dann wird es raschere Erfolge geben.

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